Neujahrsansprachen-Renner

Was ich lese, was ich höre auf den anhaltenden Neujahrsempfängen schleppt fast immer auch die Nennung eines ganz anderen Jahres mit sich: 1945. Allermeist verbunden mit Schwerem.

Ich ging jetzt auf die Suche nach Leichterem, Positiven. Gerade weil ich auch 1945 geboren bin. Mein „Neuer Kulturfahrplan“ (Weihnachtsgeschenk von Christine) pflegt neben den riesigen Rubriken (Politik und Kriegsfolgen) auch die Rubriken „Wissenschaft und Kunst“.

Eine Auslese zum Freuen: 1945 begann in Griechenland der Kampf gegen eine Mücke. Sie, die Malaria-Mücke, wurde mit DDT bekämpft und bald war sie verschwunden.

Oder: Durch seine Ultrarotstrahlung wurde das optisch unsichtbare Zentrum der Milchstraße nachgewiesen. In dieser Straße wohnen auch wir. 

Oder: In Ägypten passierten die (ersten) Papyrus-Funde. Sie enthielten u.a. das Thomas-Evangelium mit 114 „Logien“ (Jesusworten). Ca. im Jahre 170 n.Chr. entstanden.

Oder: Die Philosophen denken noch intensiver ab 1945 über uns damals nach. Z.B. Erich Fromm: „Die Furcht vor der Freiheit“. Heute gibt es ja wieder die, die sich fürchten. Und die, die wie bei den Gebrüdern Grimm „auszogen, um das Fürchten zu lernen“.

In der Musik überschlagen sich die Komponisten mit ihren Werken (ebenso wie in der Literatur und Malerei): Der Russe Sergej Prokowjew komponiert seine „Ode auf das Ende des Krieges“, Richard Strauss seine „Metamorphosen“, die mit einem Motiv aus dem Trauermarsch von Beethovens „Eroica“ enden.

Auch das: Im Weiteren 1945 wurde das Fach „Gegenwartskunde und Geschichte“ (zunächst) untersagt. Es war immer schon für manche eine Angstpartie, in den Spiegel zu schauen. Damals wie heute…Nicht wegen des jeweiligen Spiegels, sondern „wegen der Erinnerungen dahinter“.

Was zwischen den letzten Gänsefüßchen steht, kommt von Erich, unser immer verlässlicher Kästner, was Leichtigkeit bei Schwerem betrifft.

So auch, was er zum „Januar“ in seinen „13 Monate“ schreibt, ein Büchlein, mit dem sich wunderschön durch das ganze Jahr in allen Gruppen leben lässt. Vor-Lesefähigkeit vorausgesetzt.

Sein Januar:

Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege.

Und ist doch hunderttausend Jahre alt.

Es träumt von Frieden. Oder träumt`s vom Kriege?

Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege.

Und stirbt in einem Jahr. Und das ist bald.

Möglichst gutes Jahr bis dahin wünscht der Dienstagskolumnist

21. Januar 2025