„Vom Kreuz mit dem Sprechenkönnen“

Ich kenne Herrn Scholz nicht persönlich. Noch weniger Frau Esken. Ich strebe auch gar nicht danach, sie kennenzulernen. Aber darin unterstütze ich Frau Esken vehement, dass sie Herrn Scholz unterstützt in dessen Absicht, sich Telephonate mit Herrn Putin nicht verbieten zu lassen.

Es häufen sich in dieser politisch so bleiernen Zeit die Empfehlungen, miteinander ins Gespräch zu kommen oder darin zu verbleiben – oder sie ja nicht aufzunehmen.

Als zur ersten Gruppe gehörend sehe ich auch den Autor des Leserbriefes dieser Zeitung („Zeit, die Gräben zu überwinden“, AZ am 3.1.25), ein Herr Reiner von Kamen. Den kenne ich auch nicht, aber seinen öffentlichen Brief schätze ich hoch. Er empfiehlt das „Sprechen miteinander“ der Gruppe „Beherzt“ und ihrem engagierten Redner und Pastor i.R..

Herrn von Kamens Wunsch: Die Beherzten mögen doch das Gespräch mit den Völkischen Siedlern suchen und dem „Kreuz ohne Haken und für Vielfalt“ wahrliche Vielfalt widmen durch Gesprächsangebote. Ich glaube übrigens nicht, dass die „Gruppe Beherzt“ Gespräche mit Andersdenkenden ablehnen würde.

Gespräche miteinander heißen ja eben nicht „Seid nett zueinander“. Nebenbei: Dieser nette Vorschlag hat es bis ins Pons-Lexikon geschafft und wirkt englisch weit konflikterfahrener („Please be polite and don`t kill yourself if anything is wrong“).

Jetzt bekam ich zum Thema „Gespräch und Sprechen miteinander“ hilfreiche Neujahrspost von Goethe. Richtiger von Jendris, der über alles Mögliche und Unmögliche nachdenkt, weil er sowohl Philosoph als auch Theologe ist. Dr. Dr. Jendris Alwast erinnert an Goethes „Märchen“:

„Was ist herrlicher als das Gold? Fragte der König,

Das Licht, antwortete die Schlange,

Was ist erquicklicher als das Licht?

Das Gespräch, entgegnete diese.“

Kein „Seid nett zueinander“ soll Gesprächsabsicht sein, mache ich aus Jendris Alwasts Brief, sondern es soll Gedanken „erkraften“, quicklebendig werden lassen. Eben auch und gerade auf Ebenen des Kon-Flikts.

War da nicht auch kürzlich eine Pastorin, eine Pröpstin, die Paulus zitierte? Mit seiner Empfehlung, miteinander zu reden.

Nur Mut, Frau Esken, ermutigen Sie weiter Herrn Scholz. Und Herrn von Kamen. Er und andere mögen den Gegenwind beherzt aushalten – zusammen mit allen anderen Beherzten. Auch Meinungs-Kriege können in Gesprächen abgemildert werden. Und in Gesprächen wird gesprochen miteinander. Weiß ich genau, denn es ging meist ganz gut. Hinterher oft besser als vorher.

07. Januar 2025