Nikoläuse zu Silvester
Ich arbeite derzeit in St. Petersburg und immer ein neues Taxi bringt mich von der Dienstwohnung zur Uni und zurück. Auf oder an dem Armaturenbrett der meisten Taxis klebt der Hl. Nikolaus und ich werde erneut belehrt: St.Nikolaus wird hier ganzjährig gewürdigt. Nicht als Eintags-Heiliger wie bei uns oder gar nicht mehr als Heiliger, sondern als Firmen-und Vereins-Bescherer, als Werbeträger auf Straßen und in nahezu jedem Schaufenster als winziger Rest weihnachtlicher Kultur.
Nikolaus rahmt in einem Dreier-Bild die Gottesmutter meist mit einem weiteren Heiligen oder Jesus ein. Nikolaus ist hier in Russland der konkurrenzarme Schutzpatron der Bauern und Arbeiter. Woanders schützt er noch Kinder, Prostituierte und nochmal woanders auch Diebe. Bei uns im Westen ist er der Heilige für Minoritäten. In Russland für die Majorität. Einschließlich der Taxifahrer.
In Russland beschützt er alle Tage des Jahres, die letzten und die ersten eines Jahres. Was haben wir hierzulande?
Wir haben als Heiligen den Hl. Silvester. Jedenfalls für den heutigen, letzten Tag des Jahre 2019. Er wurde Papst (314 – 335) und steht für die offene Religionsausübung, die sein römischer Kaiser Konstantin verstärkte. Vor ihm trafen sich Christen in den Katakomben und anderen Verstecken und übten dort das Beten um innere Freiheit, wo schon die äußere bedroht war.
Manche Bilder zeigen den Papst und späteren Heiligen Silvester als Schwarzen auf dem Hl. Stuhl. Schwarz, wie es der Hl. Mauritius sicher war. Nicht nur auf dem Altar der St. Georgskirche in Hanstedt I, sondern überall.
Dieser Silvester von damals wäre an diesem Silvestertag und -abend als Übergang von 2019 zu 2020 und als Basis für 2020 ein höchst wünschenswertes Vorbild: Ob schwarze Hautfarbe oder nicht (sein Vater war Römer), gilt er von seinem Hl. Stuhl in Rom aus als Verhandlungspartner seines Kaisers Konstantin, als Durchsetzer erster Formen der Meinungsfreiheit. Der Hl. Silvester wäre geradezu prädestiniert als Vorbild für Vielfalt und Buntheit der Gesellschaft. Er wäre sozusagen ein ganzjährig wirkender Nikolaus wie in Russland für unsere hiesigen Tast-Versuche des Zusammensetzens, um sich auseinanderzusetzen. Mit dem Ziel des minimal möglichen Zusammenlebens in unseren Dörfern und Städten. An einigen Orten gelingt es schon.
Der Hl. Silvester wäre unser Nikolaus als Patron für die Formen unterschiedlicher Lebenskulturen unter den gleichen Grundwerten unseres Grundgesetzes. Nikolaus hat Erfahrung mit dem Vielvölkerstaat der russischen Föderation.
Fröhliches Silvester und möglichst gutes Jahr mit ihm oder anderen als Vorbild, die mitnichten heilig sein müssen, wünscht Ihr Hans-Helmut Decker-Voigt.
Vielen Dank für die Bewertung dieses Beitrags.