Nothilfe: Namensänderung

Conny hat sich scheiden lassen – und ihr Ex daraufhin eine neue Freundin. Katharina heißt die. Conny findet Katharina eigentlich nur schwierig, weil Katharina Conny meidet wie einen Corona-Virus. Beider Kinder gehen auf dieselbe Schule, sehen sich im Supermarkt. Unvermeidliche Gefühlsstrapazen. Die eine grüßt die andere. Die andere die eine nie.

Das alles in Blankenese, einem Stadtteil, wo „man“ sich kennt. Connys Familie und Freunde leiden mit und empfinden inzwischen den Namen „Katharina“ als Trigger. Denn Katharina ist in Connys Familie ein sehr geliebter, ja, verehrter Name. Die eine Großmutter hieß so, die Patentante heißt so.

Zwecks Vermeidung ständiger Trigger–Reaktionen griff Connys Familie in die Notfallkiste namens „Erfahrungswissen“ und taufte die feindlich gesonnene und langsam zur Feindin werdende Katharina um in „Uschi“.

Solche Notfalltricks wirken immer nur zeitweise. In diesem Fall wirkte es nur solange, bis Connys Bruder Herbert seine neue Freundin mitbrachte.

„Fast Braut schon“, hatte Herbert seiner Schwester zugehaucht. Ein reizendes Geschöpf der Schöpfung. Klugheit, Schönheit, Charme, na, all das eben, was heute nicht mehr offen gesagt geschweige geschrieben werden darf ohne sexistisch aufzufallen.

Der Name von Herberts reizender Freundin: Uschi. Wie diese schlimme ständig blitzende Gewitterziege, der man den wegen Großmutter und Patentante geliebten Namen Katharina entzog. Und Heilung erhoffte.

Die Moral von dieser Geschicht: Neutaufen, Umtaufen, Namensänderungen von Menschen bringen selten etwas. Mehr bringt es, die Einmaligkeit der Persönlichkeiten zu betonen

Meine Cousine – voller Name „Ursula“ - war jetzt mit Enkeln im „Universum“ in Bremen und schilderte folgende Installation:  Hoher Stapel aufeinandergeschichteter dicker Telefonbuchwälzer. Daneben konnte man durch ein Spezialglas im Fernglasgehäuse in seine eigenen Augen sehen und lernen: „Nur du hast auf der Erde diese Augen“! Auch Daumenabdrücke ließen sich machen. Ebenso einmalig auf der Erde. Jedes Haar.

Zu dem Turm mit Telefonbuchwälzern: Millionen Namen stehen darin. Manchmal von nur einer Riesenstadt. Viele haben den gleichen Namen. Aber sind einmalig – und ganz anders als die Uschi, die eigentlich Katharina heißt.

Im Bass der Celler Stadtkantorei sang neben mir „Adolf“. Er wurde 1946 so getauft, als man eigentlich so gar nicht mehr heißen durfte Mein Mitsänger reagierte, was seine Namensträgerschaft betraf, sehr früh. Und sehr souverän. Er sagte gleich nach der Nennung seines Namens immer: „Nicht verwandt! Ich heiße nach einem Großvater und der war SPDler. Weimarer Zeit. Also ein Adolf gegen den anderen Adolf.“

23. Januar 2024