Von Heirats- und anderen Märkten

Heute geht es um Partnerschaftsanzeigen, Heiratsmarkt, Liebe und Sex. Aber  -natürlich - nur aus wissenschaftlich Gründen.

In zwei Zeitungen betrieb ich meine Studien: In dieser Zeitung (Samstagsausgabe) und in der Wochenzeitung die ZEIT (ZEIT-Magazin-Beilage) am Donnerstag.

Ergebnisse: Der Markt für Partnerinnen- und Partnersuche wächst rasant. Und der der Spezialwünsche noch schneller. Wobei die Suchenden und Anbietenden in der kleinen Zeitung mit Heimatbeilage mehr Konservatives suchen: Lebenslange Partnerschaft auf der Basis von Nichtrauchen, Wandern, Tierliebe, Reisen, auch mit Kind. Sowas eben.

Hingegen die ZEIT überrascht die Forschung: Derart öffentlich Erfüllungsgehilfen und Gehilfinnen für besondere Formen der Partnerschaft zu suchen und offenbar zu finden. Die Anzeigen wiederholen sich nämlich nicht. Der Markt spiegelt die Veränderungen unserer Gesellschaft. Jedenfalls der Gesellschaft, die die ZEIT liest.

Beispiele für die neue Offenheit auf dem hochseriösen Anzeigenmarkt der hochseriösen Leserschaft:

„Gebundener Akademiker (44,) sucht gebundene Frau im Großraum Hamburg für Affäre.“

„Attraktiver Autor (50, 1,75) sucht in Berlin Gespielin, keine Langzeitbeziehung!“ Offen bleibt, ob der Absender mit „attraktiv“ sein Schrifttum meint oder sich selbst.

„Co-Parenting (41, 1,85), sportlich und gesund, sucht Frau zur Erfüllung ihres Kinderwunsches.“

Usw. usf. einschließlich S/Mlern („Liebe und Hiebe, devoter Mann sucht Herrin“).

Die Liste dieser Sehnsuchts-Marktschreie ist lang.

Natürlich inserieren im Magazin der ZEIT auch Frauen. Aber anders. Ganz anders. Jedenfalls die meisten.

Sehen wir das Ganze aus der meist beruhigenden Vogelperspektive der Wissenschaft (Sozial-, Psycho- und andere -logien):

Eigentlich ändert sich nie was. Es wird nur öffentlicher. Und: „Durch die Leidenschaften lebt der Mensch – durch die Vernunft existiert er bloß.“

Auch so ein Spruch eines Inserierenden, den ich energisch bestreite. Ich schreibe dies (auch) mit Vernunft. Und lebe!

Über unsere eigene Regional-Zeitung wundere ich mich nur wegen der Überschrift über den Suchanzeigen. Da steht immer „Fundgrube“ drüber. Das kann evtl. schmerzen, seine oder ihre Suche zusammen mit allen anderen Gebrauchtsachen lesen zu müssen.

21. März 2023