Noahs und meine Arche
Biblische Geschichten sind am Verschwinden. Sie werden Spezialwissen für die ebenfalls schwindenden Mitgliederzahlen christlicher Kirchen. Schade um so sinnvolle Stories wie die von Noah.
Der baute sich aufgrund einer Warnung durch Gott die Arche als Rettungsschiff vor der drohenden Sintflut. Er sammelte seine besonders Lieben darin. Sowie paarweise Repräsentanten verschiedener Tierarten. Zwecks überleben und Nachkommenssicherung. Noahs Geschichte (1. Buch Genesis) gibt es - wie alle guten Geschichten - in Varianten auch aus anderen Ländern und Zeiten.
Heute wieder. Da wünschen sich einige wie Noah (oder Ziusudra u.a. Gestalten in anderen Mythen) ein Rettungsschiff oder Rettungsluftschiff, um abhauen zu können. Aus allem, was das alte Jahr 2022 dem neuen vererbte: Wir wissen schon…
Mich interessiert heute, wen ich in meine Arche aufnehmen würde. Und wen nicht. Erstere sind klar. Frau und Töchter und Enkel. Dann einige Nachbarn mit den Fähigkeiten, die ich nicht habe. Und das sind einige. Landwirte (für die Zeit danach), Handwerker, Tiefbau-Hochbauer, Informatiker, Veterinärmediziner für die vielen Lieblingstiere, die zum Schmusen und späteren Verzehr gepflegt sein wollen, Landschaftsplaner und -gärtner, Mechatroniker Die Zukunft nach der Gegenwart, der wir entfliehen wollen, will gestaltet sein.
Nicht mitnehmen will ich Hasen, genauer Angsthasen, die uns die Zeit, während der wir auf dem Wasser oder in der Luft wären, in Panik geraten lassen. Oder nur warten.
Langes Warten auf das Ende von etwas, warnt einer meiner Lieblingspsychiater, Viktor E. Frankl, macht krank. Er war Psychiater und Jude. Als Letzterer saß er im KZ, sollte aber auch ärztliche Hilfe geben. Dabei machte er die Beobachtung, dass diejenigen Mitinsassen im Lager – und eine Arche ist auch ein Lager, ein Gefängnis – besser durchhielten, wenn sie sich mit etwas beschäftigten, was einen Anfang, eine Mitte und vor allem ein Ende hat: Gedichte erinnern oder eigene schreiben, Lieder singen, Malen, Theater spielen. Ja, es gab KZs, in denen in einigen Subgruppen sowas möglich war und sogar gefördert wurde. Zwecks Erhaltung der Arbeitskraft. Wo Endlosigkeit eines Zustands droht, kann der Mensch seine kleinen Gestaltungen mit einem Ende leben.
In meine Arche kämen daher auch gute Unterhalter. Weil gute Unterhaltung immer auch Unterhalt bedeutet. In Zeiten des Absolutismus, den wir immer wieder auf der Erde finden, sind Hofnarren, Schauspieler und Musiker gefragt - auch in Kriegszeiten
Meine Arche wird nicht gebaut. Dazu bin ich zu wenig fromm, dass mich jemand warnte vor 2022. Vor 2023 bin ich nun gewarnt und weiß, dass ich mich um Unterhalt für meine Seele, für meinen Geist und meinen Körper kümmern will. Und den Sinn darin. Frankl begründete u.a. die Logotherapie und viele gute Gedanken für Krisenzeiten. Man googele seine 12 Thesen zur Person (als Lebenshilfe).
10. Januar 2023