Politische Prognosen

Vorgestern waren wir wieder im Feuerwehrgerätehaus. Zu einer Übung. In staatsbürgerlicher Pflicht. Als Wähler. Um landespolitisch für die Zukunft die Richtungen festzulegen. Denn wer steht über allen, die hauptberuflich Politik machen? Richtig, wir!

Es ist nicht so, dass in unserem Land in der letzten Legislaturperiode nichts passierte. Das sah ich am vergangenen Wahlsonntag schon auf den ersten Blick: Diesmal zeigte sich das angestrebte Zukunftsmodell künftiger Politik. Denn bei uns wurde der eine Mann von zwei Frauen umrahmt.

Der Ofen bot einen weiteren Blick in die energiepolitische Zukunft des Landes: Holz! Stichwort Pelletheizung. Oder – wenn Landwirte mit eigenem Wald die Nachbarn sind – Hackschnitzel! Und von wegen Raumtemperaturdrosselung auf 19 Grad – es war so warm im Feuerwehrgerätehaus, dass sich der speziell deutsche Beschreibungsbegriff von „gemütlich“ anbot.

Womit ich bei Heinrich Böll bin, einem Großen unserer Sprache. Er war Dorfliebhaber wie ich. Weil man die gesellschaftlichen Entwicklungen mit einem Blick durch- und überblickt.  

Mit Böll und Sprache zum Hauptthema: Die Vergewaltigung unserer Sprache. Ich mache durch meine Wahl vorgestern und durch diese Kolumne von meinem landespolitischen Einfluss Gebrauch. Indem ich an unser neugewähltes Parlament mit Abgeordneten aus unserer Region appelliere, den altneuen Ministerpräsidenten Niedersachsens in seine Berliner Kollegenrunde zu schicken - mit einem Zusatzauftrag: Eine Sprachsensibilisierung für unsere Verwaltungen zu trainieren.

Denn Verwaltungsjuristen sind – eigentlich – gebildete Mitmenschen. Mindestens seriöse.

Im Ernst: Christine kommt aus einer Vorstandssitzung und versaut mir den ganzen Tagesrest. Dort mussten sie sich um eine neue Verfügung der Bundesregierung kümmern, die unser Land, seine Kommunen, uns alle angeht.

In einem einzigen Wort steht da gedruckt:

Kurzfristenenergieversorgungsmaßnahmenverordnung.

Hilfreicherweise gibt der Bund für die Kurfristenenergieversorgungsmaßnahmenverordnung auch ein offizielles Kürzel aus: EnSiknMaV. Das alles ist ein Gesetz vom 8. Juli 22, nachdem das davor von 1974 stammt.

Nun ist ein offenes Geheimnis, also seit langem keins mehr, dass die, die eine Karriereleiter nach oben steigen, mit der Zunahme der Höhe eine Abnahme ihrer Beziehung zur Wirklichkeit verbinden. In unserem Fall der Wirklichkeit der Wirkung unserer Sprache. Der Bandwurm (med. cestoda), wenn er zu Wörtern wird, ist so überflüssig wie im Körper.

Frisch gewählte Kommunalpolitiker (und ihre Verwaltungen) sind da weniger gefährdet, sorgen für Erdung. Unsere Abgeordneten im Landtag stehen zwischen Himmel und Erde. Noch hören sie uns. Flehen wir sie an, Sprachbandwürmer und andere Sprachauswüchse amputieren zu lassen.

Zum Schluss: Gegenüber den Wahlhelferinnen mit dem Wahlhelfer saß ein Mitbürger mit Hund. So alt wie ich (der Hund). Es braucht alte Hunde, um zu bellen. Notfalls bis zum Tod.

11. Oktober 2022