Ein gemeiner Platz

Meldungen unserer Polizei über Spitzbuben, Ganoven, Gauner, Schläger und Verkehrssünder (letzteres ich auch, zweimal, vielleicht dreimal) haben ihren festen Platz hier auf S.2 dieser Zeitung. Ich auch, wie heute.

Schwere und schwerere Gewichte platzieren sich hier. Unter dem „Blaulicht“. S. 2 bietet natürlich auch seriöse Berichterstatter, Kommentatoren, nicht immer seriöse Leserbriefautoren und die Plattsnacker. Als Ausgleich für das Schlimme und Schlimmstes.

Kürzlich gab es einen Negativrekord. Da waren die Berichte zu „Blaulicht“ mitsamt Folgen auf S.2 ausschließlich gefüllt mit Panzerknackern, Flaschenwerfern, Schlägern, Ruhestörern, Unruhestiftern. Dreimal kurz, dreimal lang, dreimal kurz. Wie das SOS.  

Ein gemeiner Platz. Plätze, die alte Markt- oder verdiente Personen-Namen tragen oder gar die von Häusern, Plätze, die Gäste beherbergen, nennen wir hier nicht. Sie verdienen das nicht. Sowas Gemeines.  

Darüber kann man klagen, jammern, Rache planen. Mit den Opfern fühlen sowieso. Und auch wissenschaftlich kann man seine lodernden Emotionen kanalisieren:

Corona bedingter Aggressionsstau. Davor als Dauerbrenner Klimanöte, die uns betroffen haben, weiterhin betreffen werden. Weil wir nicht das Richtige zur rechten Zeit begannen. Seit über drei Monaten Krieg.

Oder ein bisschen weitergedacht: Der Mensch pflegt nun mal auf seinem Herzens-Grunde nicht nur die Lust am Guten, sondern auch die Lust am Bösen. Ein bisschen mehr Böses. Und wenn nicht, dann war das Training dagegen lange und mühsam (Enkulturation, Sozialisation, sowas alles).

Beten dagegen hilft kaum. Segelferien für Schwererziehbare auch nicht. Für alles Aufgezählte gibt es Studien, alte und brandneue. Bei manchen Brandstellen fangen Forscher an zu forschen, während es noch brennt.

Zu den zugegeben älteren Studienaussagen aus Sozialarbeit, Sozialwissenschaften, Sozialpsychologie und anderen Logien gehört diese Frage: Wird die Menschheit immer rüder, gewalttätiger, gewaltfreudiger, weil wir uns immer weniger in die Augen und Gesichter schauen?

Damalige Autoren waren gegen Fernsehen. Folgende gegen Videos. Nachfolgende gegen die Gewaltmaterialien in der Hosentasche: im Smartphone. Also alles, wovon wir heute nicht mehr lassen können.

Wie sagte ein Hauptkommissar auf dem Sommertreff der Bundespolizei letzten Samstag? „Wir sehen uns heute zu wenig direkt in die Gesichter, in die Augen. Und wenn – dann nur durch ein Medium vermittelt. Oder bei uns durch den Helm. Der vergangene Schupo, der alte Schutzpolizist, schützte andere. Heute müssen wir leider auch uns schützen.“.

Gemein, gemeine Plätze, Gemeindeplätze…..

6. September 2022