Pfingst-Erinnerungsparty in Gorleben
Was von damals erinnert wurde - dieser Anhänger war dabei. Er steht seit längerer Zeit in unserer Nachbarschaft. Einfach so. Kein Denk-Mal an die Proteste um das Endlager für hochradioaktiven Atommüll in Gorleben. Aber erinnerungsträchtig. „Gorleben“ – ein Trigger-Begriff für energischen Widerstand gegen unseren damals atomaktiven Staat.
Widerständler auf den Traktor-Anhängern, Widerständler mit Menschen in Zivil auf der einen Seite und Widerstand dagegen in Uniform auf der anderen Seite. Menschen, die privat miteinander befreundet waren, aus denselben Familien kamen.
Es wurde nicht nur Atom gespaltet.
1977 gab der damalige Ministerpräsident Ernst Albrecht „Gorleben“ im Wendland als endgültigen Ort für die endgültige Lagerung von Atommüll bekannt. „Gorleben“ wurde dadurch auch bekannt als Ort, der zeigte, dass wirkliche Demokratien kein Ort für endgültige Entscheidungen eines Staates sind. Schon gar nicht bei der Frage um Endlager. Ob wir an Friedhöfe für den Müll von Atomkraftwerken denken. Oder an kommunale und kirchliche Friedhöfe für uns Menschen denken, auf deren Grabsteinen steht „Auf ewig,“, „Immer dein“. Auch die Friedhöfe der Menschheit zeigen neueste Endlager-Lösungen. In Meere tief oder unter Bäumen.
Wir bleiben unverändert naiv mit dem Nutzen der Wörter von Ewigkeit, Ende und „Für immer“.
Jedoch – was heißt Erinnerungsparty an Gorleben 2022, wenn wenige Tage zuvor zu lesen war, dass der Landkreis Uelzen nach wie vor auf einer Liste der Bundesgesellschaft für Endlagersuche (BGE) steht. Wir werden also gesucht. Wir, die wir Tongestein und Salzstein unter uns haben.
Beruhigender Weise versichert uns der Kreis, werden die gesuchten und gefundenen Gegenden gesiebt. Das Sieb, das uns mitsiebt, hat offenbar so weite Maschen, dass wir Aussicht haben, bis 2031 durchzufallen.
Das Grundbuchamt schrieb uns damals beim Grundstückskauf in Allenbostel hinterher, dass wir – vorausgesetzt die Nachzahlung von etwas über 27 Deutsche Mark (i.W. zwanzigundsieben Mark) - damit auch Besitzer von 900 Meter in die Tiefe (i.W. neunhundert) seien. Weil auch wir auf eben jenem Tonsalzgestein oder Salztongestein der Gegend wohnen.
Wie witzelten wir herum, dass unsere Kinder einmal, wenn Hamburgs Tiefgaragensuche auch die Ostheide krallt, mit dem Erbe ganze einsame Inseln kaufen könnten.
Statt des Witzelns werden wir jetzt mitsuchen. Wo die Bundesgesellschaft für die Endlagersuche was findet. Hoffentlich fallen wir durchs Netz.
7. Juni 2022