Maske runter!
Das allgegenwärtige Thema Maske rauf oder Maske runter – in 2-G-Gruppen - eröffnet völlig neue Perspektiven auf die Mitmenschen.
Heute habe ich Frau Dobran nach mehr als anderthalb Jahren Pandemie zum ersten Mal wieder ohne Maske gesehen. Das war im Restaurant. Übernächster Tisch. Nachdem sie sich gesetzt hatte. Ich hatte völlig vergessen, was für einen schwungvollen Schnitt ihre Lippen hatten und haben. Oder sie trug früher kein Make up. Steht ihr jedenfalls toll.
Dr. Kirch hätte hingegen seine Maske ruhig aufbehalten sollen, als er im Konzertsaal in Hamburg - die Sitzreihen waren rechtwinklig, so dass man sich sehen konnte - seine Maske abnahm. Seine Lippen waren gar keine. Nur ein Strich. Herbst 2018 war er noch volllippiger. Das weiß ich aufgrund meines damaligen Neides. Er ist, wie andere wohl auch, zwischenzeitlich unter seiner Maske verbittert. Denn Dr. Kirch ist Konzertmanager und da es lange keine Konzerte gab, ist er es nun nicht mehr, sondern hört welche.
Bei Verona, meiner Cousine, sah ich – wenn sie sich unbeobachtet glaubte und die Maske eine Mikrosekunde zu früh ab- oder zu spät aufsetzte – auch Neues: Ihr Make up, das durch das Make down (der Maske) verschmiert. Immerhin – früher war sie strikt gegen Gesichtsmalerei.
Kollege Oliver hatte die Maskenzeit offenbar beim Zahnarzt verbracht. Er hatte immer schon auffallend miserable Zähne. Auffallend für einen Rednerberuf. Jetzt kommt - ohne Maske in 2-G-Gruppen - ein geradezu perfekter Kollege hervor. Jedenfalls perfekt hinsichtlich seiner Zähne und deren blendendem Weiß. Perfekt wie man eben als junges männliches Model sein muss. Kollege Oliver ist knapp 70.
Maske runter! Irgendwo klang dieser bedrohende Ruf in den Antik-Krimis bei Edgar Wallace oder bei Agatha Christie oft mit - und erst recht im hohen Norden bei den aktuelleren Wallanders oder im Süden bei seinem venezianischen Commissario in Donna Leon. Die Szenen darin waren meist die, dass schlimme Lausebengel oder schlimmste Schwerkriminelle endlich gefasst wurden und der Verfolger „Maske runter“ rief. Oder sie selbst dem Lümmel runterriss.
Heute reißen wir Masken freiwillig runter und viele stoßen ein „Ah“ dabei aus, das an jenes erinnert, wenn der Trinkende nach dem ersten Schluck kühlen Bieres in heißer Zeit das Seidel absetzt.
Zwei Infos aus dem Handel: Der Umsatz von Kosmetika soll teilweise während Corona gesunken sein. Corona half eben auch beim Sparen.
Und: Die Nachfrage nach Masken für Halloween 21 und Karneval 22 ist auch noch nicht doll.
19. Oktober 2021