Impfzentrum

Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier – - keine Weihnachtsfeiertage vor der Tür, sondern vier Mannen in gelben Westen. Die begleiten einen vor der Einfahrt, bei der Einfahrt, nach der Einfahrt. Die Überreichung des Parkausweises mit der Geste wie bei einer Verleihungsurkunde. Der fünfte Mann winkt von ferne und nah bei der Eingangstür – präzise in die Parklücke hinein. Soweit der erste Teil des Organisationswunders  namens „Impfzentrum“. Solcherlei passiert nicht in jenem kleinen gallischen Dorf am Meer. Dort also, wo Asterix und Obelix sich mit klaren Strukturen gegen die unklaren der Römer stemmen. Vielmehr in jener kleinen Stadt mit großem Kreis im Osten der Heide, die sich auch wehrt - gegen die Verunklarungen obererer Regierungen.  

Der zweite Teil des Wunders dort vorne außen am Gebäude mit Mehrfachfunktion (Schützenhaus, Stadthalle, jetzt Impfzentrum): Internationale Begrüßungs - und Infotafel in vier Sprachen, inclusive Arabisch. Weiter innen: Impf-Service-Personal mit rotem Kreuz auf Brust und Ärmel.

Die Rezeption wie im Hotel. 4 Sterne für Begrüßung, Datenabgleich und Weiterleitung an die Tische.  Bei Problemen mit dem Ausfüllen der Formulare (nur für Internet Gemeldete), eilt erneut Hilfe herbei.

Der dritte Teil des Wunders in jener kleinen Stadt im großen Kreis: Weiterleitung auf einen Stuhl vor den Kabinen mit Ampelzugang, nur ohne Gelb. Hier sind wir Priorisierte unter uns. 90 % weiße Haare. Bei grün an einer Kabinentür wird gewinkt. Bei mehr als einer Gehhilfe zusätzliche Begleitung.

Hinter der Tür die Medizin. Anamnese. Begrüßung wie an der Rezeption und auch 4 Sterne für Kürze und Würze und trotzdem eher Begegnung als nur Kontakt.

Dahinter der vierte Teil des Wunders:  Die Enttäuschung. Jener „Pieks“, der Impflinge zu Geimpften erhöht, passiert nicht. „Doch“, sagt die Piekserin, „doch – schon erledigt“. Wir haben uns zu sehr unterhalten.

Letzter Teil in jener kleinen Stadt im großen Kreis: Entlassung zum „Ausgang“, nur noch 15 Minuten entfernt. Warten. Was sagte Karl Valentin: Erst warte ich langsam, dann immer schneller und schneller. Während meines Wartens fällt keiner um oder seufzend auf.

Nicht einmal vor Bewunderung dafür, dass es nach meiner Uhr exakt 45 Minuten sind. Vom eingewiesen Werden zur Entlassung. Wie in der Zeitung annonciert. Vorausgesetzt, dass keiner kippt.

Es wurde nicht bewundert, aber gewundert wurde sich. Über Freundlichkeit, über Hilfsbereitschaft, über Geduld bei Wiederholungsfragen, über das Aufheben von Gehhilfen oder erfolgreiche Suchen nach verlegten Brillen (auch meine).  Und über allem die Selbstverständlichkeit von allem. Bei allen.

Diese Pandemie soll uns Menschen angeblich auch prägen. Für die Zeit danach. Üben wir also die Vorfreude auf ewige Freundlichkeit und Organisationswunder nach Corona. Auch ohne rotes Kreuz. In jener kleinen Stadt im großen Kreis.

13. April 2021