Oh Gott, sagte Gott...

Der Untererzengel Gabriel der Kleine hetzte zu seinem Vorgesetzten, dem Erzengel Gabriel, dass sein Rocksaum vor und hinter ihm herflog. Männer, die bedeutsam sind, tragen im Himmel – so wie auf Erden auch Richter, Anwälte, Geistliche und früher Professoren – Röcke.

„Sie machen wieder dicht da unten“, keuchte Gabriel der Kleine und zeigte mit dem Daumen nach unten, Grobrichtung Planet Erde. Zum anderen meinte die Geste Schlimmes.  Gabriel des Kleinen Atmung erholte sich nur langsam und er stieß die Wörter hervor: „Corona - - zweite Welle - - wie befürchtet.“

Der Erzengel hetzte zwar nicht, aber eilig war auch er auf dem Weg zum Chef. „Erde - - Corona - - zweite Welle,“ flüsterte er in Gottes Ohr. Höhere Dezibel vertrug Gottes Ohr nicht, weil es immer und überallhin geöffnet bleiben musste.

„Oh Gott“, sagte Gott, als er seine Ohren auf die Erde ausrichtete, von wo er die Gebete ganzer Haufen der Menschheit an sich adressiert hörte. Auch von Neulingen.

„Oh Gott, alles von vorne?“, fragte Gott.

„Ein bisschen mehr Prävention als im Frühjahr“, hauchte Gabriel der Große. „Die Deutschen haben nur Teil-Lockdown angeordnet. Deshalb: Betten frei, aber im Ernstfall kein Fach-Personal.“

Gott nickte und fokussierte zusätzlich zum Hören seinen Blick Richtung Erde. „Die Deutschen sind immer schon vorsichtiger als andere, sonst wären sie nicht überversichert.“

„Gegen Pandemie gibt’s keine - “, flüsterte Gabriel der Große, „- Versicherung. Da sind viele arm dran.“

„Und die Kinder - was ist mit denen?“, fragte Gott, weil ihm noch die Hilferufe von Eltern im Frühjahr in den Ohren schallten

„Kitas und Schulen bleiben offen.“

„Na, Gott sei Dank“, sagte Gott und nickte.

„Arbeitsplätze?“

„Ängste darum, alle Sorten Ängste: Gerichtete und diffuse Furcht, Panik, Soziophobie, generalisierte…besonders bei Kleinstunternehmern, Soloselbständigen, Künstlern, auch erste Politiker…“

Gabriel der Große: „Was ist, Chef, wenn auf den Straßen wieder gegen Lockdown protestiert wird? Eingesperrtsein in produziert nur neuen Stau…“

„…und anschließend den Staudammbruch nach dem Lockdown“, sagte Gott.

„Frau Merkel,“ sagte der Erzengel, lockt damit, dass mit jetzigem Lockdown Weihnachten gerettet wird.“

„O Gott“, erregte sich Gott und übertönte, was er von unten hörte. „Weihnachten? Dann platzt der Staudamm in die übliche Zeit  häuslicher Gewalt. Lass uns beten für sie da unten.“ Gabriel der Große und Gabriel der Kleine und weitere Untererzengel sowie ein paar herumstehende Seraphim gingen in die Knie. Mit Gott  beteten sie. Um ein Wunder für unten.

03. November 2020