Zwei-Schafe-Regel

Die Iren befolgen sie, auch die Isländer: die zwei Schafe-Regel. So heißt dort die vom Virus diktierte Abstandsregel, wo es viele unserer Jahnkes, viele Schäfer gibt. Und entsprechend viele Schafe.

Zwei Schafe zwischen den Menschen als Maßeinheit und wir bleiben wahrscheinlicher gesund!

Nun werbe ich für eine Formel, die unsere Heimat tröstlich mitten in das Infektionsgeschehen einbezieht. Statt Abstandsregel mit zwei Schafen die zwei Schnucken-Regel!

Das klingt nicht nur gleich anders, sondern dies andere wirkt sofort! Der Mensch lächelt, den wir an die zwei-Schnucken-Regel erinnern. Obwohl er noch gar nicht weiß, was das ist. Wir klären ihn auf und der so Ermahnte vergisst das Lästige, denn in seinem Kopf streichelt er das schnuckelige Fell.

Mein Nachbar Hahn hält Schnucken mitten im Dorf (was leider einen Wolfsriss nicht verhinderte). Der Nachbar nahm die Zwei-Schnucken-Regel ganz pingelig: 

„Breit oder längs?“, fragte mein Nachbar. Wo ich seine Frage zur Zwei-Schnucken-Regel hinzufüge, wird unter allen Masken gegrient. Das innere Bild, die Assoziation, ist wirkmächtig: Zwei Schnucken zwischen uns allen, breit oder längs? Schnucken sind wohl genetisch schlanker als die Schafe da im noch höheren Norden.

Im Ernst: Ernstes, das lange anhält, Dramatisches erst recht, wirkt oft ein bisschen leichter, wenn wir ihm leichtere Bezeichnungen geben. Oder es direkt ansprechen, uns mit ihm unterhalten. Buchreihenweise bietet die Psychologie Techniken an, die den Umgang mit Belastendem erleichtern sollen. Derzeit aktuell mit Ansteckungsangst, Angst vor Jobverlust.

Das Duzen des Befürchteten ist ein heißer Tipp. Beispiel Lampenfieber. „Hallo, da bist du ja wieder, mein Lampenfieber! Du gehörst zu dem, was ich da plane, dazu wie das Amen in der Kirche. Ich erzähl dir mal, was wir gleich zusammen machen werden.“ Und dann schildert der Lampenfiebernde im inneren Gespräch seinem Lampenfieber, was gleich sein wird: Reden in einem Krisenmeeting, vor Gericht, im Bewerbungsgespräch. Oder erstmals eine Online-Vorlesung in USA oder Russland. Die bevorstehende OP, die Angst vor Ansteckung. Hauptsache, wir reden mit der Angst. 

Dasselbe auch schon mit Ärger wenn wir z.B. in ein Geschäft eilen – und uns die Warntafel an die vergessene Maske weit dahinten im Handschuhfach auf dem Parkplatz erinnert. Und denken wir an die Schnucken – besonders, wenn wir Teil einer Schlange vor der Kasse sind.

Oder stehen wir bald vor Weihnachtskrippen mit Schafen – und denken vielleicht an neueste Fallzahlen statt an strahlende Kinderaugen? Aber was wir im Kopf machen, können wir – etwas – lenken.

20. Oktober 2020