Von Musik und Therapie

Ich lese, dass die JVA Uelzen die Insassen, die lange dort einsitzen, durch einen musikalisch kundigen Mitarbeiter an das Gitarrenspiel heranführt. Eine sehr wichtige Hilfe für das Durchstehen von belastenden Zeiten! Ob kurzer oder langer oder sehr langer Zeiten. Jeder von uns kennt die durch Musik mögliche Stimmungsaufhellung, die emotionale Kanalisierung, die Lust am Spiel usw. – wie bei jedem Konzert und in jeder gelingenden Musikunterrichtsstunde. Von Musiktherapie war in dem Bericht zu lesen.

Hier jedoch ein sanftes Geraderücken. Das Musizieren oder gemeinsame Hören von Musik ist das eine, Musiktherapie seit einem halben Jahrhundert etwas anderes.

Aus dem Alten Testament stammt die schöne Szene vom Harfenspiel des Knaben David, das dem König Saul eben eine andere, eine bessere Stimmung ermöglicht. Es dürfte eines der verschiedenen Depressionsprofile gewesen sein, unter dem die Majestät litt.

Dies Bild wurde früher millionenfach dazu benutzt, die heilende Wirkung von Musiktherapie zu beschreiben. Dann begann im 19. Jahrhundert eine erste Forschungswelle „Musik als Therapie“, die von Medizinern in der Psychiatrie initiiert wurde. Anfang der 70er Jahre entwickelten sich die derzeit fünf heutigen Studiengänge für Musiktherapie an fünf (Fach-) Hochschulen und Universitäten als wissenschaftlich-künstlerische Psychotherapie (Zuordnung der WHO 1996). An ihnen werden „die“ Musiktherapeuten von heute in Bachelor- und Masterstudiengänge (mit Promotionsmöglichkeit) ausgebildet für den Bereich der Gesundheitswissenschaften und Therapiewissenschaften – mit Fächern aus der Klinischen Psychologie, Medizin, wie in allen anderen Gesundheitsberufen auch.   

Im Landkreis Uelzen arbeiten gleich mehrere jüngere Kolleginnen und Kollegen z.B. an der Diana-Klinik in Bad Bevensen bzw. in der Seepark-Klinik Bad Bodenteich. Anderswo arbeiten diplomierte Musiktherapeuten bzw. Master-Musiktherapeuten auch in Altenheimen oder Kindertherapiezentren, in der Onkologie und Palliativstation. Wo auch immer Musiktherapeuten arbeiten – ihre Gegenüber sind Patientinnen und Patienten.

Zur „Musiktherapie in der JVA“: In Estland und Russland begleiten promovierte Musiktherapeuten die Langzeitinsassen zusammen mit ärztlichen und nichtärztlichen psychologischen Psychotherapeuten. Da geht es dann um therapeutische Aufgaben wie auch überall außerhalb des Strafvollzugs: Hilfen für die Identitätsstabilisierung, Aufarbeitungshilfen bei traumatisierenden Kindheiten, entgleiste Lebenskonzepte, daraus folgende Depressionen usw. usf.

Hoffentlich erweitert sich in der JVA Uelzen das Angebot „mit Musik zu leben“ weiter und mehr und mehr! Es sollte nur nicht alles gleich Therapie heißen.

29.06.2021