Erinnerungen an heute
Hans-Helmut Decker-Voigts Kolumne erscheint alle zwei Wochen in der Uelzer Allgemeinen Zeitung. Hier an dieser Stelle wird es ein- oder zweimal im Monat eine neue Veröffentlichung geben.
Schwarzmarkt eines Mega-Markt

Christine hat beim Einkauf in einem wahren Mega-Markt im Gespräch mit Verkäuferinnen eine Art neuen Schwarzmarkt entdeckt. Schwarzmarkt in einem Markt für Elektronik in jeder Erscheinungsform zwischen Zahnbürste für Kleinstwäsche und Waschmaschine für große. Einen Schwarzmarkt, den das Uelzener Finanzamt hoffentlich in Ruhe lässt, zumal mindestens ein Bundespolizist vom Hainberg mitmischt.
Christines Markt verkauft offiziell alles, was das Herz begehrt bzw. was ein heutiger Haushalt angeblich braucht, um zu überleben. Dabei werden auch Tiefkühltruhen verkauft, offiziell über den Tisch rüber. Na, jedenfalls offiziell daran vorbei, weil Tiefkühltruhen selten über Tische gereicht werden. Unter dem Tisch jedoch, kriegt Christine mit, dass ein Bundespolizist nach einer entsorgten Tiefkühltruhe fragt. Eine, die der megahafte Markt sozusagen im Tausch für eine neue gekaufte mitnahm. Der Bundespolizist selbst war es nicht, der die neue kaufte. Ganz ein anderer. Aber der Bundespolizist kriegte die entsorgte alte Truhe. Geschenkt. Von der weichherzigen Verkäuferin. Nicht, dass der Polizist vom Hainberg sich keine neue Tiefkühltruhe leisten könnte - nein, er braucht die alten, entsorgten als Truhe für Unmengen von Hühnerfutter. Denn er hat Unmengen von Hühnern zuhause (oder auf dem Hainberg? Das weiß ich nicht, Hähnchen gibt's tatsächlich immer auch auf den Standortbällen).





Der Schwarzmarkt ist also eigentlich ein Geschenkmarkt oder Erbe-Markt oder Entsorgungsmarkt ist. Nicht nur für die Hühner der Hähne auf dem Hainberg. Auch für den Rentner, der ab und an im nämlichen Markt vorbeikommt und fragt, ob wieder Waschmaschinen da sind, die entsorgt werden müssen. Denn die kriegt er dann auch so. Denen amputiert er dann die Bullaugen, weil er die als Schalen für Blumen und Planzen, Gestecke und so benutzt, weiterverschenkt - in zunehmendem Maße, denn den entsorgten Waschmaschinenbullaugen sieht man unter den Blumen alles an, nur nicht ihre Herkunft. So elegant, so gut designed sind diese neuen Blumenschalen.
Eher ein "Umfunktionierungsmarkt" als ein Schwarzmarkt wird der Megamarkt bei jenem Kunden, der sich mit Weinkühlern eindeckt. Diese Dinger, an denen man ganz genau die Innentemperatur einstellen kann für Weiß, Rot, Rose`. Aber für Wein braucht der Kunde die gar nicht, sondern für seine Schildkröten. Damit die gefahrlos überwintern können.
In diesem Mega-Elektro-Laden treffen sich die beiden Extreme von Hoch-Technologie und der Agrarwirtschaft unseres Landkreises. Wer hat schon diese Kreativität, Hochtechnologie so umzufunktionieren, dass sie unseren Hühnern, unseren Blumen und sogar den Migranten Schildkröten dient. Wir haben diese Kreativität. Weshalb er auch so heißen darf: Mega-Markt.







(31. Oktober 2006)

Den Autor erreichen Sie unter: Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de