Ostern – russisch …

     

Genauer: russisch-orthodoxe Osterbräuche haben mich jetzt besorgt gestimmt im Blick auf meinen Umgang mit Ostern. Ich lebe wie meine Nachbarn, Mitbürger und Mitbürgerinnen auf Ostern zu - und lasse die Vorboten an mir hierzulande vorbeiziehen wie eine nun mal unvermeidliche Begleiterscheinung: Die Berge von Osterhasen und Eiern, von Frühlingsschleifen an Waschmitteln und Schokoladentafeln mit österlich-frühlingsorientierten Texten darauf. Ostern naht ebenso unvermeidlich wie Weihnachten.
All das traf ich in Russland auch an.

Aber noch mehr. Da ist fast überall noch eine Beigabe zu beobachten, die unsere Gegenwart mit „Spiritualität“ umschreibt, was mit spiritus (lat.) also mit Geist zu tun hat. Dort, wo bei uns in den Taxis der Fahrer mit Migrationshintergrund Bildchen hängen von Familienangehörigen (diese unsere Mitbürger sind nun mal familienfreudiger) hängen bei den deutschen Fahrern Glücksbringer wie Kleeblättern und Schweinchen aus Plastik. Wiederum sind in russischen Autos über den Armaturen
 

diese aufklappbaren Dreierbildchen aufgeklebt oder schwanken am Spiegel. Sie zeigen erstens eine Gottesmutter, zweitens ihren Sohn, drittens den Hl. Nikolaus. Auch die Dienstlimousinen der Regierung, der Behörden, der Universitäten weisen diese religiösen Bezüge aus. In der Passionszeit kriegt das Bildchen vom Christus manchmal noch einen schwarzen Streifen aufgeklebt als Zeichen dafür, dass der Fahrer sich der Passionszeit, der Fastenzeit, einer besonderen Zeit bewusst ist. Ein bißchen Bayern in Russland.
In Varianten findet sich solch Triptychon auf den Schreibtischen von Büros in Fernsehstationen, im Zimmer des Bürgermeisters einer Millionenstadt Russlands. Ich finde sie auf dem Rezeptionstisch des Hotels - und  bin besorgt um mich, wie nebenbei Ostern sich mir zuhause nähert, beiläufig eben, nebenbei. Gerade mal zu Karfreitag wird abgebremst und hauptsächlich, weil es (noch) gesetzlicher Feiertag ist.
Ich verordne mir ein bisschen freiwillige Pflege von kleinen Ritualen. Diesmal zu Ostern. Das ist durchaus gesundheitsförderlich. Eben spirituell, seelischer Gesundheit förderlich.




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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
31. März 2015