Von Klosterdamen kann man(n) lernen…

     

Es war anders beim diesjährigen Dank-und Weihfest, zu dem Äbtissin und Konvent letzten Samstag eingeladen hatten. Oder ich war anders alldieweil drei Jahre lang nicht da. Umso wertvoller spirituelle und örtliche Wiedersehensfreude in der Kirche. Keine Medinger Weihefest-Rituale ohne Dank für Salz der Erde (speziell unserem Salzstraßenabschnitt im Kreis), für Salz der Worte. Aber danach ging es los mit dem Neuem im Alten.
Junges, Schönes in betagten und hochbetagten Gesichtern der Konventualinnen gab und gibt es immer. Aber derart biologisch jüngere Gesichter unter den Hauben  wähnt man(n) eher in Studien- und Weiterbildungsstudiengruppen oder in (radikal) feministischen Kirchenkreisen, in denen Frau Gott und Frau Adam favorisiert werden und nur Pontius Pilatus und Judas männlich bleiben.       
Altes und Neues im Alten dann erst recht oben im Brauhaus, denn Sicherheit für einen ruhigen Platz auf speziell dieser heutigen Erden, bietet selbst ein Kloster nicht.

„Ich liebe fröhliches Chaos“ sagte die unseren Tisch residierende Konventualin und zeigte, worin ihre 90 Jahre sich souverän bewährten. Zusammen mit der drastisch jüngeren und auch noch disgestressten Managerin entstand, was immer aus Chaos entsteht: Neue Struktur – hier zwischen Platz und Platzsuchenden. Neu die Hochsensibilität digitaler Technik im Kloster: Das jetzige vergisst vor Schreck bei allzu
 

trompetender Rednerstimme kurz seine Funktion. Neu auch bei den anschließenden Gästerednern das unorthodox bunte Gemisch der Anreden von Kirche und Politik, die  der „Atmosphäre der Gastgeberschaft“ nichts antat. Atmosphäre – dem Hauptverkaufsschlager jeder aktuellen Gruppenverantwortung.
Wirklich, es hat sich was geändert in den drei Jahren, weil es nach wie vor Geschichte gibt, aber mehr Geschichtchen. Z.B. die von der mutigen Sekretärin der Äbtissin, die dem kofferlos von ferne angeflogenen Präsidenten zum Blick in den Spiegel rät. Und eine Rasur. Z.B. eines über den Vorvorgänger desselben Präsidenten (Präsidenten sind Brötchengeber der Klöster und damit auch aktueller Schnittchen, Bowlenliter, Karaffenwasser aus Klosterdamen-Hand). Jener Vorvorgänger kam mit eigenen eingewickelten Stullen von zuhause, um Vorbild für etwaige Verschwendungssucht bei seinen Äbtissinnen zu sein. Heutzutage alles i.O., weil geregelt, weshalb es weniger Geschichtchen gibt und es schwerer ist, in Geschichte einzugehen.

Medingens Geist gebiert Heiterkeit durch gelingende Rituale und Improvisation, wo sich verselbständigende Organisation Spaß erlaubt. Nicht trotz, sondern wegen des kürzlichen Abschieds von einer großen Äbtissin. Weswegen groß? Wegen ihres Humors. Nie zu verwechseln mit Gags just for fun.



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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
29. August 2017