Vuvuzela

     

Auf dem 80. Geburtstag einer Musikpädagogin, die in unserem Landkreis weniger, dafür im deutschsprachigen Bereich überall bekannt ist, wurde viel Life-Musik geschenkt, aber auch geredet. Ebenso viel wie herzlich.

Die Rede eines gratulierenden Paares war wie ich: Ich stehe wie diese Rede unter dem Druck, alles und jedes auf die WM beziehen zu müssen, damit mir überhaupt noch jemand zuhört und mich vielleicht ernst nimmt. Die beiden Redner auf jenem 80. gratulierten also der prominenten Jubilarin und standen auch unter WM-Druck, indem sie von Vuvuzelas erzählten – und dabei eine dieser deutschen Tröten in unseren deutschen Nationalfarben hochhielten. Ich war sehr gespannt und bildungshungrig, denn meine letzten Blamagen erlitt ich wegen der WM. Da liefen bereits die Vorrunden, während derer ich in der Schweiz war. Die kleinere Blamage erlitt ich während einer Seminarpause: Da brummten die Laptops, auf deren Monitoren die fernen WM-Spieler auf grünem Rasen tobten, auffällig laut und ich machte auf die akustische Störung aufmerksam. Es sei aber keine akustische Störung, sondern Vuvuzela-Musik, wurde ich von begeisterten Studenten aufgeklärt, begeistert, weil sie einen wie mich gerne ertappen bei einer unentschuldbaren Bildungslücke. Es wurde dann noch schlimmer, weil ich es wiedergutmachen wollte und sagte, wie nett ich es fände, daß unserem Uwe Seeler solche Ehre noch so spät und so ferne zuteil wird.

Auf dem 80. Geburtstag erfuhr nun Wichtiges über Vuvuzelas. Die seien musikpsychologisch zwar gegenwärtig Symbol afrikanischen Fußballs (die AZ berichtete), kommen aber auch in Brasilien vor , in Neuseeland
 

(berichtete die AZ nicht) und auch noch in – na, ist hier nicht so wichtig.

Nur daß woanders Vuvuzelas nicht Vuvuzelas heißen, sondern – na, ist hier auch nicht so wichtig. Aber: Vuvuzelas gehörten im Blick auf Instrumentenkunde zu den Aerophonen, also – nein, ist hier auch nicht so wichtig. Wichtig wurde, daß auf Vuvuzelas wie auf den meisten Aerophonen dieser Art Naturtöne gespielt werden könnten. Ja, richtig, wie Fürst-Pless Hörner und so.

Hier wurde der Vortrag kritisch (er wurde schließlich von Pädagogen der Musik gehalten), denn die Frage war, ob denn die WM-Vuvuzela-Bläser eigentlich die Instrumente auch „richtig“ spielen könnten. Oder zumindest wüßten, daß echte Vuvuzelas auch Naturtöne könnten. Die Rede zitierte sogar ein Innenministerium, das in englisch (damits jeder versteht, auch in Südafrika) feststellte, daß die Bläser auf der WM ihre Vuvzelas gar nicht zu kennen scheinen, jedenfalls nicht als Vuvuzelas spielten…

Ich glaube: Wir, wir Deutschen, hören gar nicht die originalen Vuvuzelas auf unseren Sendern. Wir hören nur die deutschen Tröten, weil in der Umgebung von deutschen Mikros natürlich nur Deutsche stehen und die brauchen wegen der Fehlpässe und anderem Frust dringend ein Aggressionsventil.

Wer der vitalen 80. Jährigen noch gratulieren möchte: Es ist Hildegard Junker in Altenmedingen, die Grande Dame zahlreicher, ach, was sag ich: zahlloser Musikpädagogen. Gute Vuvuzela-Musik würde sie schätzen.




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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
29. Juni 2010