Willkommenskultur

     

„Frühling, ja, du bist's…“ diese Willkommenskultur dem Frühling gegenüber ließ sich wieder vielfach feiern: Mit Bratwurst und langen oder kurzen Getränken an Osterfeuern, mit österlichen Gottesdiensten, mit Eiersuchen (na ja, Eier am wenigsten), mit klassischen Poesie-Rennern von Mörike (s.erste Zeile) und Goethes „Vom Eise befreit…“. Oder mit heißen Oster-Disco-Partys. Willkommenskulturen wohin wir schauen. Mehr oder weniger bewusst. Oder gar nicht.
Dem Thema Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen, genauer gegenüber „Kriegskindern“, widmete sich kürzlich das Kloster Medingen in Verbindung mit dem benachbarten Gustav Stresemann-Institut unter dem Thema „Ankommen“. Genauer: Wie war und ist das Ankommen der Kriegskinder damals, 1945, und heute? Die Verlagerung der Veranstaltung vom Brauhaussaal in den kleineren Festsaal wegen geringerer Besucheranmeldungen kam der Veranstaltung in überraschender Weise nur zugute:Denn sie waren lebendig, die anwesenden Kriegskinder - und wie! Ihre Berichte lösten an den Kleingruppentischen im Festsaal des Klosters Austausch und Engagement aus und tauchten den barocken Festsaal kurzerhand in ein Seminar um. Ein Seminar, an dem Äbtissin und Altäbtissin, Priorin samt Damen und Männer - Bürgermeister, Propst, Institutsdirektoren und Pastoren - die Teilnehmer waren.

Die Kriegskinder waren repräsentiert durch die Referentinnen Dr. Storck (Gesprächskreis Kriegskinder mit Weltkriegsbezug)

 

und Quednau (Jugendmigrationsdienst Uelzen), wobei letztere das Risiko einging, einen aus Syrien geflohenen 17jährigen Flüchtling mit seinem 23jährigen ebenfalls arabischen Übersetzer erzählen zu lassen. Risiko, weil solch Eingeladene sich leicht als Schau – und Hörobjekt vorgeführt fühlen könnten und zudem – Übersetzer hin, Übersetzer her – unsere an diesem Abend nun öffentlich gesprochene Sprache eher Hemmungen aufbauen als abbauen konnte.
Es ging gut und wurde sehr gut im zweiten Teil der Arbeit wo es um Austausch des Gefühlten und die Gedankendarüber ging: Willkommenskulturen lassen sich nicht vergleichen. Jede ist anders. Die Kinder unter den 12 Millionen Flüchtlingen aus dem deutschen Osten flohen innerhalb der eigenen Kultur, die von Antike und Christentum geprägt wurde.Hingegen die Kinder und Jugendlichen der jetzigen Flüchtlingsströme sind nicht nur Fremde in neuer Kultur, sondern die Kultur ist eine Fremde, die es deshalb derart anzubieten gilt, dass sie angenommen werden kann. Nur ignorante oder isolierte Gesellschaften lassen sich von anderen Kulturen verstören.

Deutsch als Barriere ist nur solange eine, wie die Beziehung der neuen deutschen Nachbarn und derjenigen, dieDeutsch unterrichteneine positive, offene, bewillkommnende ist. Das Wissen von der Didaktik (Lehre) bestätigt nur: Jeder Mensch lernt leichter von denen, die er mag! „Frühling läßt sein blaues Band wieder flattern – für uns alle!“



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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
29. März 2016