Erinnerungen an heute
Hans-Helmut Decker-Voigts Kolumne erscheint alle zwei Wochen in der Uelzer Allgemeinen Zeitung. Hier an dieser Stelle wird es ein- oder zweimal im Monat eine neue Veröffentlichung geben.
Zeitmanagement für Advent

Ich hatte ihn für einen Vortrag vor den Studenten eingeladen, aber am meisten lernte wohl ich von ihm: Dem Zeitmanager. Folgende Demonstration war besser als alles, was ich vorher zum Thema gelernt, trainiert, gepaukt, gepredigt hatte: Er stellte einen leeren 5-Liter-Wasserkrug aus Glas mit großer Öffnung vor sich auf den Tisch und legt zwölf faustgroße Steine einzeln und behutsam in den Krug. Als der voll ist, fragt der Experte, ob er voll sei und wir blöken zurück „Ja – sehen wir doch!“ So ne rhetorische Frage. Aber der Mann soll sehr gut sein und deshalb warten wir ab. Auch weil wir uns Hilfen für die gefährlichste Zeit für Zeitgestaltung erhoffen: Advent, Vorweihnacht. „Wirklich?“ fragt er zurück, greift unter den Tisch, holt einen Eimer mit kleinen Kieselsteinchen hervor und schüttet von denen eine ganze Menge in den Glaskrug mit den zwölf großen Steinen. Alle Lücken werden ausgefüllt. Wir klatschen und er fragt: „Jetzt voll?“ Meine Leute sind vorsichtig geworden und einer sagt: „Wenn Sie schon so fragen – vermutlich nicht.“ Der Referent nickt und zaubert unter seinem Tisch einen solchen Kinderstrandeimer hervor, voll mit Sand und schüttet die faustgroßen Steine und kleinen Kiesel restlos dicht.







„Na?“ Wir staunen und auf seine Frage „Jetzt voll?“ sind es mehrere, die sicher sind, mit einem „Nein“ richtig zu liegen. So ist es. Er nickt, holt einen Plastikeimer mit Wasser hervor und wässert Steine, Kiesel, Sand. Was der Sinn seiner Demonstration wohl sei – fragt er. Andreas, ein sauschlauer, meldet sich: „Wenn wir glauben, dass unsere Terminkalender restlos dicht sind – dann sind da immer noch Lücken.“ „Nee - ,“ sagt der Dozent. „Die Moral der Demo ist, dass wir die großen Steine im Terminkalender zuerst unterbringen müssen – später geht es nicht mehr.“ Und der Rest der Diskussion verging damit, dass jeder von uns die ihm für die nächste Zeit wichtigsten Steine der Terminierung sammelte, sortierte, eintrug. Meine Steine für die gefährlichste Zeit des Jahres für die Zeitplanung: Weihnachtsadressen vor dem 1. Advent fertighaben, Postversand Päckchen bis und Versand bis zum 1. Advent erledigen, großer Einkauf und Selbstgemachtes bis zum 2. Advent. Spätestens. Jetzt bgreife ich Tante Gretel, Tante Margret und meine Mutter, derer ich mich immer schämte - wenn sie Ostern zu Besuch kamen und bereits die Weihnachtspäckchen austauschten.

(28. November 2006)

Den Autor erreichen Sie unter: Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de