Adamczyk – ein Mann von A bis Z und mehr

     

Sie sind schon lange nichts mehr Besonderes, weil sie zu oft passieren: 80. und 90. Geburtstage. Aber manchmal sind die Geburtstagskinder derart „aus der Art geschlagen“, im besten Sinne un-artig, dass wir sie doch hier feiern
Ich kann wahrlich nicht sagen, dass ich viele Politiker hochschätze oder gar „in das Herz“ geschlossen habe. Außer ein bisschen damals Peter Struck. Und außer Struck den anderen Politiker, der uns nach dem Herzug unserer kleinen Familie damals von Hösseringen nach Allenbostel im frisch fertig gewordenen alten Fachwerkhaus begrüßte.Karl Adamczyk, der Sonntag 80 wurde. Er war schon damals ähnlich wie unser Haus, wie so viele Häuser seiner kleinen Gemeinde: Altes, sehr gepflegtes Gebälk, das erfrischt, vitalisiert, wenn man es anschaut.
„Ich bin ihr Bürgermeister und will Sie willkommen heißen in der Gemeinde“, sagte der Bürgermeister Karl Adamczyk, setzte sich auf das von Farbeimern umgebene, abgedeckteSofaund sagte freundlich, dass dieses Willkommen uns nicht herausreißen würde aus der Arbeit des Einziehens. Er mache es kurz.

Andere sagen, sie machen etwas kurz und herzlich, aber sind es nicht. Weder kurz, geschweige herzlich. Aber er. Natürlich gehört er einer Partei an, aber die ist nicht so wichtig wie seine  Person (SPD).
 

Natürlich hat er einen Brotberuf (Maurer), aber der ist nicht so wichtig wie seine Person. Hingegen seine verstorbene Frau Ilse, unsere Postfrau, war und ist wichtig. Denn man prägt, erzieht sich wechselseitig und in diesem Liebes-Falle: liebens-wert. Ohne seelischen Rückhalt von dieser (und ohne die gelungenen Kinder - allein die Söhne sorgen für selten gewordene Ordnung im Finanzwesen und der Uelzener Gesellschaft) wäre die knappe Hälfte seines Lebens im Bürgermeisteramt (38 Jahre) keine so von seinen Bürgern „geschätzte“ geworden. Und echte Schätze sind selten, denn sie dienen dem Besitzer von A-Z und mehr. Eben Adamcz-yk.
Person kommt vom Lateinischen per-sonieren = hindurchtönen. Eine Persönlichkeit nennen wir jemand, der durch die Maske unseres alltäglichen, inflationären Kommunikationswahnsinnsneben allen Worten etwas Nachhaltiges hindurchtönen lässt. Wie Karl Adamczyk eben.
Freundliches Sitzen auf einem Sofa mit Farbeimern um sich – das setzt „soft skill“ voraus (so heißt das heute für Führungskräfte): Die Kraft, mit Provisorischem, Unberechenbarem umgehen zu können. Und „Ich mache es kurz“ bedeutet, sich in den anderen Eiligen hineinversetzen, sich identifizieren zu können. Was ein „umgedrehter Glückwunsch“ ist? Das ist einer, wo man sich gratuliert, den Jubilar kennen zu dürfen. Möglichst noch etliche gute Jahre.




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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
28. April 2015