Akzeptabel? Inakzeptabel?

     

„Österreich ist die größte Kulturnation, die die Kultur aller Welt prägte! Bis heute! Denken wir nur an die Musiker, Mozart, Schubert und Co., an die großen Dichter wie Stefan Zweig, Joseph Roth und Co. Denken wir an die Habsburger, in deren Reich die Sonne nicht unterging. Und dann deren Nachfolger in der Politik, die die Welt veränderten wie der Größte aller Zeiten: Unser Adolf Hitler – deshalb ist Österreich…“
Schreien Sie jetzt innerlich oder äußerlich auf?Vor Empörung? Dann haben Sie noch Reste von gesunder Re-Aktion.
Ich bin verlässlich immer öfter empört. Denn egal wie die für  Millionen als Vorbild geltenden Erdogans und Trumps und Co. schmähen, höhnen oder eben gar schänden – das Höchste der offiziellen Empörung wird geäußert in „nicht akzeptabel“.„Nazi-Vergleiche (oder die Besetzung der Krim oder die Förderung des Terrors durch die EU oder die EU besteht nur noch aus Faschisten) sind…„inakzeptabel“. Nur das?
Diplomatischer Dienst heißt: Nie (nach außen)aufregen. Aber reicht es, wenn PräsidentInnen, KanzlerInnen, PremierministerInnen oder untere Chargen wie Fraktionsvorsitzende oder einzelne Abgeordnete sich äußern mit „inakzeptabel!“

Akzeptieren haben wir aus dem Lateinischen eingedeutscht als „Annehmen“ oder „Billigen“.
 

Übersetzt heißen die offiziellen Reaktionen auf Beleidigungen jedweder Schändung also nur „Wir - Faschisten? Betrüger? Nazi? Terroristen? Das ist nicht anzunehmen, nicht zu billigen.“
Verfolgen wir die Wurzel von „Akzeptieren“ noch weiter, dann hieß das Urwort „acceptus“: beliebt. willkommen. Ist Empörendes nur „nicht willkommen“?
Politische Sprache verharmlost professionelle Politik zum Wochenmarkt oder zum Streikgespräch: Das (Preis-) Angebot ist nicht akzeptabel.
Einige wenige unserer öffentlichen Sprachrohre äußern den Affekt, der dahin gehört, und zwar ohne die Behutsamkeit der Diplomatie: „Empörung.“ 
Es geht nicht um den Weg zurück in den Sandkasten, wo wir uns einstmals bewarfen und ohne jede Rücksicht Vernichtung androhten. Wir sind Erwachsene. Aber manche Erwachsene unter den Offiziellen reagieren verfälscht. Das ist nicht akzeptabel.

Apropos „verfälscht“: In der Drittbedeutung heißt Erwachsensein im guten alten großen Langenscheidt English (Printausgabe 1966) in der Drittbedeutung „tobe adult“ = verfälscht sein. Eben.
Und nur in den Leserbriefen über Hundekot auf  Bürgersteigen findet sich noch „Empörung“.



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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
28. März 2017