Von Gram und Vergrämen

     

Frau Alpers ließ sich gerne von ihrem ländlichen Altersheim auf den festen Weg an einem nahen Waldrand in ihrem Rollstuhl schieben. Jetzt grämt sie sich und ist vergrämt. Wegen des Wolfes, der noch nicht vergrämt ist.
„Bei der supermodernen Ernährung für uns Alte,“ sagt die pitsch-wache Frau Alpers,“sind ja nicht nur meine Urenkel appetitlich für den Wolf, sondern auch wir Großmütter, mehr als die im Märchen.“ Und lacht ein griesgrämiges Lachen. Die, die sie bisher bei Sonnenwetter schiebt, ihre Enkelin, lacht nicht. Sie schweigt vor Zorn über die, die sie und ihre Kinder verlassen haben, indem sie den Wolf nicht nur ranlassen an bewohnte Gebiete. Sondern reinlassen. Jetzt auch bei uns im Flecken, im Dorf. So warten wir auf die, die schneller sind: Die – nachdem wir sie gewählt haben – uns Hilfe zusicherten: Regierung, Minister? Oder der Wolf - in unserem Garten, im Hausflur. Wir warten auf ihn am Kinderwagen und am Kaninchenstall. DerWolf beginnt uns zu vergrämen.
Das ist die Folge davon, dass sie Berater haben, die Wölfe. Die Wolfsberater. Von der Bedeutungslehre der Sprache sind das logisch die, die Wölfe beraten und die jagdlichen Grenzen ausloten, in denen ihm nichts passiert. Wolf müsste man nicht nur heißen, sondern sein.

Fairness gegenüber den politischen Entscheidungsträgern?Aber ja.  Die haben sich jetzt entschieden, dass demnächst entschieden werden soll.
 

Nein, sie sind in unserem Ministerium jetzt doch sogar schon weiter: Sie entschieden sich bereits dazu, dass sie sich bald entscheiden wollen. Nicht erst demnächst. Fairness gegenüber dem Wolf? Aber Ja, er ist ein schützenswertes Wesen des lieben Gottes wie wir, aber die heiliggesprochene Freiheit des einen hört auf, wo die des anderen lebensgefährdet ist.
Derzeit sammeln wir Gram wie Mutter Alpers. Gram ist auch der Name des Schwerts von dem Helden Sigurd in der altnordischen Sigurddichtung. Das Schwert namens Gram war extra von Regin geschmiedet worden, damit er ein Held würde. Was passierte? Sigurd tötet mit Gram den mörderischen  Guthorm(dem im Nibelungenlied der Hagen entspricht) -  aber er tötet ihn mit letzter Kraft, denn er stirbt dabei.

Das wäre dann das Schicksal der Jägerschaft im gegenwärtigen Jagdrecht: Kommt ein wütender Keiler auf meine jagenden Nachbarn in Allenbostel zu – dann darf geschossen werden. Ein Wolf - wir müssen nicht mehr raten - mitnichten. Man soll sich wehren durch Krach, durch Laser, durch Sonarwaffen und nur mit denen nach draußen. Aber sie wollen ja nicht nur demnächst entscheiden. Sondern bald. Und nicht nur Wolfsberater schicken, sondern auch Menschenberater. Und Jagdrecht-Juristen, die die Freiheit des Wolfes wahren. Und die von appetitlichen Großmüttern wie Frau Alpers, kleinen Kindern, Kaninchen und größeren Wesen auch. Amen.



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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
28. Februar 2017