Von OpenR und anderen Königen

     

Wie es sich zu Pfingsten gehört, schauten die Uelzener und ihre massenhaft angereisten Freunde nach oben. Weniger wegen des Heiligen Geistes als wegen der Stars auf der OpenR-Bühne auf dem Albrecht Thaerplatz, denen sie ganz nahe an den Rampen waren, beneidenswert nahe. Weniger hoch schauten diejenigen, die mehr hinten saßen oder standen bzw. mitschwangen und noch weniger hoch schauten die Uelzener, die dem Schützenumzug nahe waren, um alte und neue Majestäten zu bewundern. Dafür waren sie den neuen Würdenträgern am Straßenrand ganz, ganz nah.
Wenn man schon selbst nicht vollkommen ist, dann will man jedenfalls ab und an diesen Vollkommenen unserer Welt nahe sein: Ob sie Starnamen wie Peter Maffay oder andere tragen oder neugeschossene Könige und jener Kaiser sind, den man in Bevensen ab und an auf dem Bahnhof bewundern kann.

Ich habe den Zuschauern nun zugeschaut und gelernt: Da stehen sie ganz in der Nähe der jeweiligen Größen unserer Region. Da stehen sie wie auf Durchfahrten vom Papst mit seinem Papamobil, da stehen sie wie die in Hamburg und überall, wo lebendige Royals auftauchen. Und die, die ihnen körperlich nahestehen, sehen kaum direkt hin.
 

Sie starren auf die kleinen Displays ihrer Handys und die etwas größeren der Tablets. Sie starren und lösen den Auslöser mit fieberndem Finger, überprüfen das, was ihr Handy, ihr Smartphone  an Königen und Stars abbildete – und machen ein weiteres Bild, noch eins. Und noch eins… Statt des direkten Blickes auf die Könige dieser Welt, knipsen sie und mittels des Besitzes eines Abbildes sind sie Teile des Vollkommenen.
Zuhause begutachten sie ihre Beute, die Bilder aus nächster Nähe zu Königen und den Maffays, den Päpsten dieser Welt, geschossen aus wenigen Meter Abstand – und haben doch nur Millisekundenden ihre Objekte wirklich auf der eigenen Netzhaut des eigenen Auges abbilden lassen können.
Ich habe auch lange am Großen Plan in Celle angestanden, um eine lebendige Königin zu sehen: Da war ich acht Jahre alt und wartete auf Friederike Königin von Griechenland, die ich dann wirklich gesehen habe – ganz nah sogar. Weil ich kein Handy hatte, nicht mal eine Idiotenbox.
Zugegeben – ich habe diesmal Maffay und Co und Schützenkönige auch wenig gesehen. Weil ich auf die sah, die auf die Displays ihrer Abbildungsgeräte sahen. Und ich auf mein Display.




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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
26. Mai 2015