Formel-Wahlkampf

     

Es gibt Formel I – Rennen. Es gibt Formelwettkampf. Es gibt sie immerzu. Formulierungswettkämpfe aber gibt es nur bei Wahlen.
Es gab einmal ein Spiel für Klavierspieler, das ich jetzt erinnerte bei den Wahlen, in denen es um den Wettkampf um Formulierungen geht: Das Klavierspielerspiel waren in Pappe ausgeschnittene einzelne Takte, die man wahllos schütteln, blind ziehen konnte – aneinandergereiht kam immer was melodisch-harmonisch Nettes raus. Entfernt an die einfacheren Mozartsonaten und Schubert-Tänze erinnernd. Wir Kartenspieler, wenn wir als Klavierspieler diese Pappkarten-Zufalls-Musik spielten, fühlten uns ebenso als kleine Genies  – wie auch ein bißchen enttäuscht, wie einfach das Komponieren des großen Mozarts war…
Ich habe vor der Bundestagswahl einmal investiert in die politische Formelwettkampf -Forschung und Parallelen zu jenem Kartenspiel entdeckt. Geforscht habe ich im großen TV-Duell (Merkel/ Steinbrück), im TV-Trio (Brüderle, Trittin, Gysi)und in etlichen Wahlspots. Hier sind die Favoriten unter den Formeln unserer Politiker und wir können sie mischen wie jenes Kartenspiel: 

„Das Übel an der Wurzel packen…“(Rente, Gesundheitswesen). „Das zarte Pflänzchen sorgsam begießen“ (weniger Arbeitslose).“Das Beste wäre: die jetzige Entwicklung zu forcieren“ (Wirtschaft).
 

„Wir müssen das zurückdrehen“ (Flucht der Reichen in Steuerparadiese). „Strukturprobleme dadurch lösen, daß wir sie ändern“ (Banken), “Konsilidierung durch  Investition“. „Konsilidierung durch Kürzung“. „Unsere wirtschaftliche Entwicklung ist eine Sensation angesichts der Krise allüberall“. „Sie haben in den Jahren der jetzigen Regierung nur noch mehr Milliarden an Schulden gemacht“. „Wir müssen sparen und in allen Länderverfassungen die Schuldenbremse streichen“. „Der Staat muss mehr ausgeben, damit die Bürger mehr haben , was die Steuern erhöht und den Konsum“. „Eine Koalition mit denen kommt nicht in Frage“. „Kompromiß in der Politik ist ein Muß“.
Zurück zum Spiel mit den austauschbaren mozartesken Takten: Ich habe Politiker–Formeln für diese Kolumne, die ich vor 33 Jahren zu schreiben begann, schon zweimal gesammelt und jetzt verglichen mit 2013: Es gibt nur eine einzige Formulierung, die diesmal erstmalig vorkam und die klang aus dem Mund von Herrn Trittin (sonst durchaus des elaborierten Codes fähig) so: „Aha- Aha- Aha“ (beim Thema Kritik an der Übernahme der Staatsanleihen durch die EZB).
Summ summarum: Formeln aus Politiker-Mündern machen meist die Karriere zu Floskeln. Und an denen ließ sich noch nie die Politik ablesen, die Politiker dann machen…Seien wir jetzt neugierig!




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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
24. September 2013