Nekrophilie |
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Wenn die „Liebe zu den Toten“ unter diesem spannenden Begriff „Nekrophilie“ gefasst wird, dann zählen Christine und ich auch zu den Nekrophilen. Weil wir gerne auf Friedhöfen schlendern und Grabsteine studieren. Besonders im Süden, beginnend im Allgäu: Skulpturenauf den Steinen , Engel, Putten, Halbreliefs der Verstorbenen, im Stein eingelassene Fotos in Schwarzweiß oder neuerlich Farbe, Lebensdaten, Namen, Sippen. |
Wenn ich mir einen Grabstein mit Engel wünschen würde, wie er auf jedem dritten Grabstein im durchschnittlichen Oberbayern die Toten bewacht – nur angenommen, den Wunsch habe ich gar nicht – würde mir der nicht erfüllt werden können.Wir werden immer standardisierter begraben und die Friedhöfe egalisieren wie die ganze Gesellschaft: Keine Engel, keine Bildchen, keine Hinweise auf Flugzeugabsturz da oder Verkehrs-Tod dort. Am besten ist einfach, weil billig: Name, Daten. So bei uns. Der Friedhof in Hamburg - Ohlsdorfu.a. sind Extreme zu unserer Langeweile. Dort flanieren, spazieren, schlendern und wandern Hamburger und ihre Gäste nicht nur zu Gräbern familieneigener Toten oder den Gräbern der vielen historischen oder jüngeren Promis aus Kunst, Politik usw., sondern weil dort Menschen wie Du und ich beerdigt wurden und etwas mehr auf den Grabsteinen stehen darf, neben und vor die Grabsteine gestellt werden darf. Wie in Bayern oder Italien: Ein Foto des Segelschulschiffs, auf dem die tote Marineärztin behandelte, der Hof des Marsch-Bauern, für den der lebte und starb, die Großmutter mit 21 Enkeln (Farbphoto), die einen Verein für Theater gründete.Protestantisches im Norden ist nüchtern, Katholisches im Süden spannend. Aber ganz im Norden, auf Föhr, dort erzählen die Grabsteine auch wieder ganze Geschichten. |
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23. Mai 2017
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