Des Polizisten Höflichkeit

     

Seit Jahren steigert sich meine Freude an der Art und Weise, wie mich Polizisten ansprechen. Etwa, wenn ich gerade dabei bin, auf einem Nicht-Parkplatz parken zu wollen oder bereits in eine Zweibahnstraße eingebogen bin, die sich aber als Einbahnstraße herausstellt: Freundlich, hilfsbereit, gar nicht knöllchen-wütig sind diese Polizistenpaare. Ob`s dran liegt, dass immer mehr männliche Polizisten mit weiblichen Polizistinnen auf Streife sind und die Gelegenheit zum Gockeln durch bestes Benehmen ergriffen wird?
Die Spitze der Freundlichkeit, nämlich richtig bestens erzogene fast höfische Höflichkeit, traf ich jetzt an, als ich mich - zu einer Zeugenaussage bestellt – in Hamburg unten im Empfang in der Sedanstraße 28 meldete. Da sagte man mir erstens, ich möge bitte sehr meinen Ausweis zeigen und, als ich den nicht bei mir hatte, durfte ich dennoch vorbei, weil „ich solch offensichtlich ehrliches Gesicht“ hätte. Der Mensch war sogar so freundlich, obwohl er allein war und keine motivierende Weiblichkeit in der Nähe.
Der Höhepunkt: Der junge Beamte begleitete mich zum Fahrstuhl und sagte, dass mich der Kollege, zu dem ich wolle, dann oben in Empfang nehmen würde.
In Empfang nehmen? Abholen vom Fahrstuhl? Nicht allein gähnende Flure und drohende Korridore a la Franz Kafka entlangsuchen müssen? Sowas!

 

Und es geschah so: Gleichzeitig mit der Fahrstuhltür öffnete sich auch gegenüber eine Tür in der milchverglasten Wandfront und ein älterer Beamter hielt mit der Linken die Tür offen, die Rechte streckte er mir entgegen – lächelnd. Er erinnerte mich an Onkel Wilhelm, der dies professionell-pastörliche Lächeln lächelte. Es gibt offenbar offiziell jetzt ein polizeiliches Lächeln.
Nach der Zeugenaussage (Einvernehmung heißt das) dasselbe Ritual: Er hielt die Tür seines Büros auf, begleitete durch die Gänge, riss diese milchverglaste Tür auf, hielt sie fürsorglich fest und verabschiedete mich zum Fahrstuhl.
Ich bedankte mich – mit all meiner Überraschung über die Benimm-Stilistik wie in der Tanzstunde in Celle bei Papa Beuß.
Da wurde er rot, richtig rot. Und als ich dachte, wie sympathisch auch noch dieses sei, dass die Polizei Probleme mit positiven feedbacks habe – da klärte er mich auf:
Es gebe nicht immer „solche Kunden wie mich“, sondern eben auch einige Könige vom Kiez oder ihr Schlägerpersonal und sonstige Unterweltsvertreter. Und für oder besser gegen diese sei das hier – er zeigte auf die offengehaltene Tür – eine Einbahn-Sicherheitsschleuse…Von wegen Schlaginstrumenten und anderer Waffen…
Ich dachte ganz kurz an meine Pauken, Metall-und Xylophone, die ja auch unter Schlaginstrumente fielen, und dankte ihm dann trotzdem nochmal. Schließlich hatte er die Tür seines Büros auch aufgehalten – völlig freiwillig.




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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
22. September 2009