Verwandtschaft ist wie Fisch…

     

…nach zwei Tagen mussen sie weg!
 Es gibt ähnliche Erkenntnisse richtig großer Denker, wie mir Frau Bärbel König mitteilt. Das ist keine Ratgeber-Tante für schwierige Lebenslagen, sondern eine klassisch Studierte und weiß noch mehr:  Benjamin Franklin, amerikanischer Schriftsteller und deutlich bekannter als Staatsmann, weitete diese Sicht auf Verwandtschaftbesuch ebenso aus wie auch sein deutscher Kollege Goethe, bekannter als Schriftsteller: „Besuch ist wie Fisch – nach zwei Tagen muss er weg“. Und gehäuft nach Pfingsten mit all den Besuchen und Familienfeiern:
Es geht los beim Begrüßungsküssen: „Oh, Du siehst gut aus – wie geht es Dir?“ (und wenn ich antworten will, ist der Fragende weggedreht zum Nächsten mit derselben Frage, nach der er sich wieder wegdreht).
„Wo wir so schön zusammen sind für das Essen mit soviel Kindern, lass uns doch was singen…“ (und die Kinder reichen sofort die Hände, die Eltern der Kinder rollen die Augen.  „Sowas hatten wir doch mal!Nur im Kindergarten noch.“)
„Ein Spiel zusammen spielen – au ja!“ Der Vorschlag kommt abends von den Eltern der schlafenden Kinderchen und die Älteren freuen sich auf Vertrautes. Romme`, Bridge, Canasta. Stattdessen gilt: Tempo ist Trumpf. Aktions- und Reaktionstraining pur.

 

Die Älteren sind Notgemeinschaften, die Jüngeren amüsierte Helfer. Leistungsstress pur, denn ein Helfer neben sich ist gut, mehrere davon machen behindert.

Erzählrunden? Das war doch mal der Sinn der Treffen: Updates, wie`s den anderen geht. Neue oder ausgezogene Kinderchen? Tüchtige oder Schmarotzer? Neue Scheidungen, neue Lieben? Erzählen passiert heute nur mit dem Nachbarn, passiert in Zweiergruppen. „Bloß nicht alle vor allen oder gar noch Reihenfolge!“
Je mehr Zufalls-Äußerungen vom mühselig Gesammelten wir uns merken wollen – desto mehr naht die Göttin Chaos. Aber ruhig bleiben, ruhig: Erst aus Unordnung schafft die Göttin sinnvoll Neues.  
Sollen wir noch von Tisch-Kultur anfangen? Von Milch- Saft –Tüten darauf? „Bitte“, „Danke“ und so? Lieber nicht. Oder von den Geschenken für die Kinder? Sie bekamen welche  (aber sie und ihre Eltern ließen sie liegen).
Den Gastgebern dankt man beim Abschiedsküsschen. Großonkel Heinrich brachte noch „Dank-Toasts“ aus.  Nein, nein. Ich meine, doch, doch: Einzeln sind es alle liebe Menschen. Nur eben im Kollektiv? Aber jetzt sind sie weg. Die Fische zu Himmelfahrt und Pfingsten. Und dicke Luft muss raus. Denn nächstes Jahr: Auf Wiedersehen!



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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
22. Mai 2018