Schnödes Geld…

     

Wie das „schnöde“ entstand und was es eigentlich meinte – weiß ich jetzt, weil ich in der Autobahngegend von Ansbach/ Franken die 800 km Reisestrecke zum Vortragsort aus natürlichem Grund unterbrach. Bei der Gelegenheit bzw. danach stand ich vor einer Infotafel für Touristen innerhalb der früheren Wehrgänge der riesigen Festungsanlage Lichtenau. So riesig, dass der frühere mittelalterliche Stadtkern Uelzens hineingepasst hätte.
Auf der Tafel las ich es, das Wort “schnöde“.
Vor meiner brandneuen Kenntnis wusste ich dies, „Schnöde“ – meint im Blick auf den schnöden Mammon so etwas, was unsere heutigen Rechnungshöfe jährlich anprangern: hässlicher, erbärmlicher Umgang mit Geld, manchmal haarscharf vom kriminellen Umgang damit getrennt. „Schnöde“ meint auch „gemein“ und vieles andere Unschöne.

Die Kenntnis von der Tafel in der Festung Lichtenau, woher das Schnöde in unserer Welt stammt, wollte ich festigen. Also im Duden nachschlagen. Der Duden weiß viel Sicheres, wusste aber nicht mehr als ich vorher wusste. Wikipedia weiß noch mehr als der Duden, aber weiß immer mehr Unsicheres. Und der Wälzer „Deutsche Redensarten“ von einem der Klügsten einer – weiß über „Schnödes“ gar nichts. Schnödes verträgt sich eben nicht mit höherem Geist. Vom größten Lexikon der Welt Google gar nicht erst zu reden bzw. zu schreiben…
 

Die Info-Tafel hingegen hängt niedrig und ist für niedrigere Geister, dafür vollständiger  Ich lese von den Herren von Heideck als Ureignern von Lichtenau, von den Nachbesitzern, den Markgrafen, ihren Kriegen, ich lese von den Nürnberger Burgherren und mittendrin in der Endlos-Liste steht der Name eines „Pflegers“ (Verwalters) der Festung, ein Herr Schnöde. Ein Halbrelief zeigt ein unfrohes Gesicht. Seine Kurzgeschichte: Herr Schnöde liebte seinen Sohn und als der eingesperrt wurde, spielte eben Geld eine Rolle, um den Sohnemann freizukriegen. Die Info-Tafel weist jedenfalls  kurz auf die merkwürdige Umbesetzung der Bedeutung des Wortes von Herrn Schnödes Geld hin, das zu schnödem Geld wurde.   

Da nutzt jemand Geld zwecks Freikauf eines lieben Menschen und die Sprachgeschichte, also wir, machen daraus „schnöden Mammon“? Ich vermute – mehr kann man da nicht –, dass diejenigen, die das Geld annahmen und den Jüngling freiließen, es waren, die dem Geld die Bedeutung des Erbärmlichen, Gemeinen, Hässlichen gaben. Nicht Vermutung aber Wissen: Aus Schuldgefühlen heraus haben sicher noch unzählige weitere harmlose Wörter und  Namen eine hässliche Karriereleiter erklommen.Und umgekehrt zog man viel Hässlichem beschönigende, liebliche Wortkleider an. Schuldgefühle können alles bewirken.



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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
18. September 2018