Moderner Opa

     

„Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad, Motooorad. Motooorad…“. Solche „Quatschlieder“ zu schmettern riß nicht nur meine Kinderseele in Lachkoller hinein. Auch manche Erwachsene nahmen mit uns Kindern den Quatsch und das Lachen über die unbegrenzten Möglichkeiten der Leistungen von Oma als Ausgleich für die kargen Möglichkeiten einer hungernden Generation von Trümmerfrauen und zertrümmerten Männern. Ob sie nun tot waren oder heimgekehrt.
„Meine Oma hat ne`Brille mit Gardine, mit Gardiiiine…“
„Meine Oma hat nen Nachttopf mit Beleuchtung, mit Beleuuuchtung…“
Keine Übertreibung war genug, sie mußte getoppt werden, immer neue Einfälle und Strophen.
Nun schauen wir, die wir die Nachkriegskinder waren und jetzt runde 70 Jahre alt sind, einmal auf  uns als die Omas und Opas von heute. My God, wir toppen ja die sagenhaftesten Phantasien jener Oma-Leistungen ins Grenzenlose – und sind dabei in absoluter Realität. Wir können Leo und Julica, demnächst Richard und wie die Nachkommen, die jetzt laufend nachkommen auch immer heißen mögen, weit mehr bieten,  als die Oma im Hühnerstall:

 

Ich biete heute: Einen Telephonapparat, der  ohne Kabel durch die Luft jeden anruft, der auch so einen hat. Durch die Luft! Gleichzeitig kann mein Telephon fotografieren. Ja, die Enkel filmen und die Bilder von ihnen durch die Welt senden. Darüber wundert sich kein Kind mehr? Na gut, dann biete ich Musik aus der Armbanduhr, biete Kleinhubschrauber, die echt im Wohnzimmer oder über Krankenbetten fliegen – oder ein Segelboot, das funkgesteuert alle Segel setzt und reffen kann und notfalls einen elektrischen Außenborder anschmeißt. Auch nichts Neues? Gut, ich biete im Auto eingebaute Filmwiedergabe - während der Fahrt!!! Haben alle? Ich biete ein neues Kinderbuch, bei dem sich die Figuren bewegen und eine eingebaute Stimme es vorliest. Ich habe es sogar selbst geschrieben und gesprochen. Bekannt? Gibt’s schon?
Gut, dann gebe ich meine Siegessicherheit über die Oma, die 'nen Nachttopf mit Beleuchtung hat, auf und bringe das hölzerne, olle Kasperle-Theatergebäude mit seinen Restfarben und den mit mir gleichalten Kasperlepuppen und den Kaufmannsladen zum Dachboden. Wie – nein? Damit wollt Ihr spielen bzw. mit mir als Kunden oder Polizist oder zerstreutem Professor? Und lieber mit mir am Klavier das „Oma-Lied“ singen statt Musik von Eurem Kinderstick? Damit? Na gut…




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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
17. März 2015