Geld schlucken und spucken

     

Mechthild und Michael waren jetzt zurück aus Las Vegas, jener Stadt aller Lüste, des Vergnügens, des Superspaßes, der Spielautomaten, die Geld erst schlucken, dann säckeweise spucken.
Nein, Spaß beiseite, Mechthild erzählte nachdenklich und gebildet von den Eindrücken aus der Las Vegas umgebenden Wüste und erst später vom Markusplatz in Venedig. Den haben die da in Las Vegas wie so vieles nachgebaut, damit der Kunde alles auf einmal hat: Einen Kaffee unter dem blauem (Kunst-) Himmel Venedigs mit Tauben und Gondolfiere. Eine Achterbahn mit ungefähr halber Schallgeschwindigkeit und an der erleben über 60 jährige ihr blaues Wunder. So wie ich schon vor einem Jahrzehnt auf dem Wiener Prater (dem echten, nicht einem nachgebauten in Las Vegas). Da blieb Friederike neben einem kirchturmhohen Mast stehen, auf den man sich in  ebenfalls halber Schallgeschwindigkeit auf einem Sessel nach oben katapultieren lassen konnte – und sie wollte gerne. Ich auch. Aber dann kam die Fürsorge des Betreibers mit meiner Gesundheit und er wies auf das Schild

 

neben dem Kirchturm hin: Verboten ab 60 Jahre! (Friederike verzichtete auch, um mir das Herz nicht schwerer zu machen als ohnehin schon, denn  ich liebe Kirchtürme aller Art, auch Abarten davon.

In Las Vegas sind über 60 jährige nur noch fragmentiert vergnügungsfähig, gelten wohl als halbe Portionen. Nur warum? Mechthild und Michael lernten einen weit unter 60 jährigen kennen, der cool in der coolen Nacht in eine Art Gondel gestiegen war, cool über einen Abgrund schwebte und erst, als er am nächsten Tag die Anlage sah, wurde ihm spuckschlecht. Er bekam Schwindelanfälle mit seinen weit unter 60. Denn er war im Dunkeln eingestiegen und hatte keinen Blick in die endlose Schluchten-Hölle unter ihm
Nun – dieser Mensch in Las Vegas   und ich in Wien: Ob unter oder über 60 ist egal, man kann in jedem Alter eine halbe Portion sein. Aber nur über 60 kriegt man, was ich immer schon haben wollte in Restaurants und nicht kriegte: Halbe Portionen. Jetzt aber.




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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
17. Februar 2015