Perlen

     

Normalerweise hängt man sie sich um und zwar in der Mehrzahl: Perlen. Ich kenne nur drei Perlen. Perlen, die man sich nicht umhängen kann, dafür hänge ich an ihnen, hänge sogar ab von ihnen. Die erste Perle in meinem Leben war in unserem Pfarrhaus in Celle „Fräulein Martha“. Ein strenger Besen mit Haaren auf ihren restlichen Zähnen und im Kirchenchor dröhnte sie Bariton. Sie war nötig bei 15 Personen im Haus. Die zweite Perle im dann eigenen Haus in Hösseringen war Hildegard Knaack, „Mutter Knaak“, ohne die uns unsere Nachzucht (2 Stück) niemals so gelungen wäre, das Gegenteil von Fräulein Martha. Eben eine zweite Mutter. Die dritte Perle im Leben danach in Allenbostel ist Annegret Bergmann, unsere langjährige und gegenwärtige Perle.
In „Wahrigs deutschem Wörterbuch“ steht unter „Perle“: „Schimmerndes, von Weichtieren (Perlmuscheln) abgesondertes Kügelchen aus kohlensaurem Kalk“. Dann gibt es lexikalisch die Perlen (Kügelchen) der Apotheker. Und als dritte Sorte „Perle“: „…jemand, „der im Alltag wertvolle Dienste leistet“.
Unsere eigenen zwei Perlen, diejenige „i.R.“ in Hösseringen und Annegret Bergmann heutzutage sind neben selbstverständlich wertvollen Diensten noch viel wertvoller als „Seele des Hauses“, als Ruhepol im Haushaltsgetriebe, welches eine echte Perle, eine Haus-Hälterin, eben zusammen hält. Eine Perle ist – welch selten gewordenes Wort: Eine„Vertrauens-Person“. Eine echte Perle ist nämlich diskrete Kennerin und Mitträgerin der Wesensarten der Lebewesen in einem Haus:

 

Sie weiß, wer im Haus seine Wäsche regelmäßig wechselt. Und wer nicht. Sie weiß, wer nur ein Glas Rotwein abends trinkt. Und wer mehr davon. Sie weiß, wer auf Ordnung in seinem Zimmer, in seinen Taschen, in seinem Klamottenschrank hält. Und wer nicht. Sie weiß - mehr als die Familienangehörigen oft selbst - wer welche Medikamente und Kosmetika nimmt, wessen Briefe fieberhaft erwartet und welche ungelesen weggeworfen werden, weil sie die Abfall-Tüten aus den Badezimmern, der Küche und den Papierkörben in den Arbeitszimmern sammelt und endversorgt.
Eine Perle weiß alles. Wann wer mit wem dauernd ein Bett teilt – oder nur zeitweise. Und warum. Sie kriegt mit, wenn der Hausherr einen „Playboy“ mit vom Flughafen bringt oder wie oft als Ausgleich für Sünden Bibel und Herrnhuter Losungen hervorgeholt werden. Eine Perle sieht Erziehungsfehler und – erfolge, trägt Abschiede und Anfänge mit, Tränen und Lachen. Und wenn die Sekretärin nicht kann – macht unsere Perle noch Telefondienst. „Hier ist das Sekretariat Prof. Decker-Voigt…guten Tag…wie können wir helfen?“
Im Gegensatz zu den Perlen alter Zeiten, die unverheiratete Jungfrauen waren, zumindest Jungfern, ist unsere moderne Perle Frau Bergmann verheiratet und wird dankenswerter sehr gut, nämlich ernst und christlich, behandelt, denn ihr Mann heißt Ernst-Christian. Ihm ein Danke für die gute Behandlung seiner Braut. Braut ist sie nämlich derzeit – bei der Feier ihrer Silberhochzeit!  Seine und der Töchter Liebe gegenüber unserer Perle kommt mir und uns zugute. Täglich.




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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
16. Juni 2009