Neben neuen Bürgermeistern haben wir jetzt auch gewesene Bürgermeister. Die unterschiedliche Meisterschaften bewiesen. Unter ihnen ist einer, der nicht wieder kandidierte und in dieser Zeitung am wenigsten Zeilen bei seinem Abschied erhielt. Was sicher mit der Kleinheit seiner Gemeinde zusammenhing. Dafür ist es einer der Bürgermeister mit der längsten Amtszeit und Ratsmitgliedschaft: 38 Jahre! Es ist mein (gewesener) Bürgermeister meiner Gemeinde. Sein Name fängt mit dem Anfang des Alphabets an und auch sonst fing alles mit ihm hier für mich in der Gemeinde an: Wir waren gerade eingezogen in die Ansammlung kleiner und daher feiner Gemeinden, denen er vorstand. Da stand er im Türrahmen unseres noch nicht fertigen Hauses. „Ich bin Ihr Bürgermeister und möchte Sie willkommen heißen.“ Er sagte das so, wie andere einem (ehrlich) zum neuen Lebensjahr gratulieren. Oder (ehrlich) nach der Gesundheit fragen. Mein Bürgermeister damals setzte sich auf unser Sofa, erkundigte sich, wie es um das Einleben stehe und fragte, ob wir seine Hilfe in irgendwas brauchten. Das alles mit einer Bescheidenheit, die zur Selbstbeauftragung des Friedrich II. von Preußen („Ich bin der erste Diener meines Staates“) wirklich besser zu Karl Adamczyk passte, als zum Zitatgeber, dem Alten Fritz. Er begrüßte jeden Neubürger so. Er sprach mich Jüngeren durchgängig mit meinem Titel an und ich bat, das zu lassen. „Das geht nicht,“ widersprach er, „ich bleibe beim `Herrn Professor`, Herr Professor. Jetzt wo wir nun doch auch einen davon in unserer Gemeinde haben.“ (Es lief damals die Serie „Schwarzwaldklinik“ mit Prof. Brinkmann…).
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Unser Bürgermeister integrierte Gott und die Welt nicht nur seelisch-geistig, sondern auch körperlich. Er saß nicht nur auf seinem Bürgermeistersessel, sondern auch auf harter Kirchenvorsteherbank. Lange, lange Zeit. Und nach dem Wechsel aus dem „KV“ wechselte er dessen amtliche Bank mit normaler Kirchenbesucherbank. Zurück in die Reihen derer, die er vertrat. So wie jetzt. Unauffällig, selbstverständlich. Keine Ehrung erwartend. Echte Bürgermeisterschaft eben. Apropos Kirchenbank: Es wurde renoviert und altes Gestühl wurde überflüssig. Ich fragte vorsichtig nach, ob sowas zu erwerben sei. Eine Kirchenbank. Schließlich fanden meine ersten Schäferstündchen mit Annette aus der Tanzstunde auf eben einer solchen statt und ich versprach mir Anregung davon für heute. Das sagte ich meinem Bürgermeister aber nicht. Sondern nur, dass ich besser auf Kirchenbänken meditieren könne als woanders. Ich erhielt die anregende Bank – gegen gemeinnützige Spende, versteht sich.(Sein Bank-Chefsohn in Uelzen darf nicht mal Kleinkredite ohne Absicherung geben…). Der Mensch, der sie mir aus dem Schuppen bei Nieselregen herausbugsieren half – war mein Bürgermeister. Herr Adamczyk teilt sein Leben mit Frau Adamczyk, meiner früheren Postbeamtin. Sie trieb beim Austragen wie er beim Regieren kleine, liebenswerte Kommunikationen. Mit beiden rutschten weder eine Gemeinde noch eine Post-AG in rote Zahlen. Mein Feedback an meinen Bürgermeister ist, dass ich ihn immer gewählt habe. Obwohl ich in einer anderen Partei bin.
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