ALKOHOL…

     
Kaum sind "James" im Kultfilm "Dinner for One" mit seiner Zwangs-Alkoholisierung verschwunden, kaum sind unsere weihnachtlichen und Silvester-Speise-und-Alkohol-Sünden ausgeschwemmt (bei Sünden dieser Art geht das ja) - da kommt die ganze Serie der Alkohol-Angebote auf Wintervergnügen auf uns zugerollt: Bälle der Landwirtschaftlichen Vereine, Standortball der Bundespolizei, Feuerwehrbälle, Schützenbälle, Reiterbälle, dazu unsere öffentlichen und privaten Bauernrechnungen. Und bei Gerlind Ritgens und anderen runden Geburtstagsfesten wird auch gebechert…Zu schweigen von den Wahlparties am 27. Januar, wo Alkohol triumphieren oder trösten wird…Sie kommen: die Bars, Sektbars und begleitenden Speiseflüsse. Wir hier beschäftigen uns (noch) ganz nüchtern mit seinen (Verhaltens)folgen:
In den erdweit verstreuten Laboratorien zur Erforschung von Äthanolwirkungen (volkssprachlich sind das Kneipen, Bars und Wirtshäuser) beobachten wir zunächst nach erstem Genuß von Alkohol (bis 1‰ im Blut) eine gesteigerte körperliche Vitalität. Gezeigt durch Anheben der Stimme, groß ausholende Gestik, zunehmende Lust auf Sex (erste Enthemmungstendenz) und die durch "James" im "Dinner for one" weltbekannte Logorrhöe (griech.=zunehmendes Vorsichhinreden= Autokommunikation).
Danach (im ersten anästhisie-nahen) Zustand folgen erste Wahnvorstellungen ("Du bist die schönste Frau der Welt") bzw. Bewusstseinstrübungen, die sich in Größenwahn
  äußern ("Morgen bringe ich Frau Merkel oder Herrn Beck um, weil die oder der mich betrogen"). Die folgende Phase kennzeichnet sich durch zwanghaft-anfallartiges Absingen umstrittener Musik-Kunst ("Frau Wirtin hat auch einen…"). Parallel dazu prägen sich Defizite in der Feinmotorik aus, etwa bei der Zielrichtungsgenauigkeit während des Urinierens, in der Grobmotorik durch Umstoßen, Fallenlassen der Behälter des Alkohols.
Die Sprachforscher weisen uns in dieser Phase auf die Phänomene der Sprachveränderung hin, weil sich die stimmlosen bilabialen Plosivlaute mit allen Frikkativlauten mischen (volkstümlich "Nuscheln") unter Verlust der Konsonanten ("Noch swei Bia un Kon…").
Im ersten Vergiftungsstadium fallen zerebrale Steuerungen aus (erkennbar durch die beim "Singen" entfallende Melodie. Es bleiben syllabische Bruchreste - auch "Gröhlen" genannt - und trotz stimulierter Begehrlichkeit nach vollerfüllter Erotik sind die Sexualkräfte gelähmt. Letztes Stadium: Die Entdeckung massenhafter Kleinsttiere, zusammenfallend mit anfallartigem Hang vom Stand hin zu Bauch-, Rücken- und Seitenlagen. Das Endstadium mündet in die Narkolepsie (Bettflucht und - sucht) - was im "Dinner for one" nur taktvoll durch die Treppe nach oben angedeutet wird.
Genießen wir sie, die auf uns zukommenden Zeiten mit Alkohol. Jeder bis in seine Lieblingsphase. Prost! (=lat. von pro-sit= es möge nützen).



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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
15. Januar 2008