Es gibt sie schon. Vereinzelt. Diejenigen Apotheken, die nicht
nur Pillen, Salben, Säfte, Tropfen und Verbandszeug verkaufen.
Sondern zusätzlich das anbieten, was der Menschheit in
unserem coolen Kulturkreis am meisten fehlt: Herzwärmende
Streicheleinheiten. Ich meine ganz echte. So mit Umarmung, mit
Haut und so.Damit meine Apotheke, in der diese Marktnische jetzt
entdeckt wurde, nicht hoffnungslos überlaufen wird, damit
sich nicht Schlangen vor der Glastür bilden nenne ich sie
einmal - na, sagen wir : Ratsapotheke. In der Ratsapotheke war
ich Zeuge, wie diese Streicheleinheiten dosiert werden und wie
sie wirken. Ich war der dritte in der Pillen - Kunden - Schlange
und ebenso plötzlich wie selbstverständlich passierte
dies: Die Kundin, die gerade dran und mit der Pharmazeutin (ich
nenne sie hier Frau W., W wie Weise) im Gespräch war, ging
um die Ecke des Tresens herum auf die andere Seite. Und dort
- ja dort wartete Frau Weise bereits mit ausgebreiteten Armen.
In diesen, den Armen, lagen sie sich vielleicht jene drei bis
fünf Sekunden lang, die sich auch bei Menschen beobachten
lassen, die sich mögen.Jedoch war dies eine Szene, die
ungeheure Strahlkraft hatte, weil sie in einer Verkaufsatmosphäre
stattfand. Die Strahlkraft wirkte nicht nur auf die umarmte
Kundin - auch auf uns in der Schlange dahinter. In Tausendstelsekunden
schossen sie hoch: Die warmherzigen Erinnerungen an spontane
Zärtlichkeit. Die Hoffnungen auf solche und die Fragen,
wo und wann und wie
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man selbst das eigentlich zuletzt so erlebt hatte: Im Arm gehalten
werden. Noch dazu von einer Profi - Frau für so was, deren
Name (W.) schon für Weisheit bürgt. Man bedenke: Eine
Umarmung, die länger als die üblich - flüchtige
Party - Umarmung von einer Sekunde dauert! Was in einer solch
zärtlich andauernden Umarmung an Biochemie im Körper
verändert wird! Erst in der Dynamik in der Seele! (Probieren
Sie's aus!) Ich fragte - hochmotiviert wie ich war - nach, unter
welchen Bedingungen man welche Dosierungen von dieser ansteckenden
Zärtlichkeit in der Apotheke erhalte und erfuhr, dass diese
nicht verschrieben werden. Auch nicht bei cash auf die Hand,
die einen umarmen soll. Es ist persönliche Zuwendung. Leider
bisher nur beschränkt auf befreundete Kolleginnen und Bekannte.
Wie viel erfolgreicher aber wären die Gesundheitsstrukturreformen,
wenn die Ulla Schmidts und Horst Seehofers dieser Welt es vorgemacht
und standardisiert hätten, was meine Ratsapotheke vormacht:
Echte Streicheleinheiten mitzuliefern! Pillen zählen zu
den mittelbaren Therapien, Beziehungen mit Zuwendung zu unmittelbaren
Therapien (Psychotherapie sollte so sein). Aber nur in den funktionellen
Therapien (wie Krankengymnastik) darf der Patient berührt,
angefasst werden. Jedoch die Apotheke, die darf alles. Welch
garantierte Umsatzsteigerung, wenn dies ein Markt nicht nur
in meiner Ratsapotheke würde. Egal wie teuer die Zuzahlung
zu den Mitteln wäre!
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