Holen wir sie uns wieder, wiederholen wir uns die Erkenntnisse
in Sachen Sport, Massensport, Fußball: Kampf ist das ganze
Leben, Rivalität und Sieg und Niederlage. Sie meinen, auch
vor Gericht? Durch Zivil-und Strafrecht seien Regeln gesichert
außerhalb des Sports? Dann prozessieren Sie mal oder seien
Sie Beklagter: Vor Gericht und auf Hoher See bei Sturm sind
wir nur noch in Gottes Hand. Oder in der des Teufels. Denn schuldig
ist nur zu oft der Gemordete (sagte einmal Alexanders Freund
Heinrich, der Landtagspräsident war). Nur im Sport gelten
völlig berechenbare menschliche Regeln für menschlichen
Kampf. Wer diese Regeln verletzt, missachtet, foult - wird ausgegrenzt.
Regeln nehmen auch Politik, Wirtschaft, Familien - und Vereinsleben
in Anspruch - aber ohne die offizielle Erlaubnis, den anderen
zu besiegen, ihm Niederlage zuzumuten. Das darf nur der Sport.
Beim Sport erlauben wir (das Publikum), dem Sieger, Ruhm und
Ehre zu genießen. Außerhalb des Sports missbilligen
und misstrauen wir so jemandem der siegt und belegen ihn mit
Charakterfehlern: Ruhm-Sucht und Ehr-Geiz. Fußball ist
unter den Sportarten was Besonderes. Da fahren nicht einfach
nur Leute in Rennwagen dauernd im Kreis herum (was nach dem
Medienwissenschaftler Norbert Bolz "die größtmögliche
Provokation menschlichen Geistes" ist). Im Gegensatz zu
Fußball ist bei den Schumis dieser Welt die Highest Technik
ihrer Autos mindestens so wichtig wie die Fahrkunst des Lenkers.
Fußball ist ehrlicher: Da dreht sich gar nichts im Kreis,
schon gar nicht um Maschinen. Da spielen elf Menschen gegen
elf Menschen und ein Ball ist ihr Medium für dies Spiel
um Sieg und Niederlage. Da zählen nicht Tausende PS oder
ein PS (wie beim Reitsport), sondern da zählen die vom
Gehirn vollendet beherrschten Sehnen-und Muskelpakete. Unsere
gegenwärtige (Sport-) Welt droht einzubrechen, wenn bei
den Kahns dieser Welt die Zerrung Zerrung einer Sehne oder bei
den Ballacks die einer Kapsel eintritt. In der Antike wurde
bei den Göttern niemals auch nur annähernd um einen
solchen einzelnen Körperteil eines Einzelnen gebangt und
gebetet wie wir es heute tun bei einer WM. Die Sportärzte
und Unfallchirurgen unserer Fußballgötter haben allen
Leibärzten aller Könige und Kaiser den Rang abgelaufen,
haben gesiegt in der Medizin-Hierarchie.
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Und sogar auf Dorotheas Freundin Sina, die jetzt Physiotherapeutin
bei unseren Fußball-Stars ist, fällt ein göttlicher
Schein, wenn sie zu uns Irdischen kommt und erzählen könnte
von den Wehwehs im Fußball-Olymp. Was sie nicht tut von
wegen Schweigepflicht.
Fußball ist ehrlicher, weil die beste strategische Abstimmung
mit 10 anderen Spielern zum Sieg führt. Und nicht die Tausendstelsekunde
Vorsprung wie bei Formel 1vor dem Zweitplatzierten, der wegen
derselben Tausendstelsekunde eine Niederlage erleidet.
Kampf ist das ganze Leben. Nur der Sport garantiert den klaren
Sieger. Und ebenso den Unterlegenen. Der aber nie ein "Looser"
ist wie im sonstigen Leben. Sondern potentiell ein Sieger vor
dem verlorenen Spiel und erst recht vor dem nächsten. Den
Autor erreichen Sie unter Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de
Wie sehr Fußball inzwischen Kult ist und auf dem Weg zur
Kultur, können wir nicht nur sehen am Bildschirm. Vielmehr
auch hören. Denn: Auf z.B. den Autorennen-Pisten ist der
crescendierende Krach der Mega-Motoren Trumpf. Im Fußballstadion
hingegen die menschliche Stimme im Kollektiv. Das trennt die
Niveaustufen: Psychologisch nimmt der, der Krach macht - jugendsoziologisch
gesehen - einen höheren Status ein. Siehe die zivilen Autofahrer,
die mit offenen Fenstern und aufgedrehtem Baß ihrer Spezialanlage
im Auto langsam dahinschleichen und am liebsten bei Dauerrot
vor der Ampel stehen. Oder siehe der Jugendliche mit seinem
aufgedrehten Gettobluster
Solch Krach ist ja nicht auf
der Autobahn bei 160 zu hören oder im einsamen Wald. Nein,
der Baßdröhner im Auto bevorzugt Innenstädte
ebenso wie der Jugendliche mit seinem Gettobluster überfüllte
Strände. Solch Krachproduktion ist Ausdruck der Sehnsucht
nach - ja, nach - ja, nach was eigentlich? Siegen wie im Sport
kann man ja bei den Krachwett(be)werbern nicht. Die Krachmacher
drücken ihre Sehnsucht nach Beachtung, nach Anerkennung
aus. Von der der Analytiker Adler sagt, dass sie mindestens
so sehr den Menschen beherrscht wie der Sexualtrieb, den Siegmund
Freud als Hauptorganisator des Menschen sieht.
Hingegen Fußball macht keinen Krach. Im Fußballstadion
regen sich im Gegenteil Kräfte, die wieder auf die Sangesfreudigkeit
der Deutschen hoffen lassen. NDR Kultur sendete jetzt pünktlich
zur WM die erste Kantate, die nur aus Stadiongesängen komponiert
wurde - heute heißt das collagiert wurde.
Holligans
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