Womit Banken werben…

     

…läßt sich derzeit kurz vor den 20 Uhr-Nachrichten sehen. Die Bank, die dort wirbt, wirbt natürlich immer für ihre Angebote, Anlagen. Aber diese Bank baut mindestens so auf ihre Werbeträger wie auf die Angebote. Da lief zuerst diese junge Frau auf ihrem Jogging-Kurs, der sie zu ihrer Filiale führt, die sie sogar führt. Die warb mittels ihrer Mädchenhaftigkeit unter grauer Trainingskapuze für sachliche Vorteile. Nach ihr noch eine Junge, die warb durch ihre karge Nüchernheit für den Charme ihrer Bank. Danach dann ein erster Mann, aber nicht weiter interessant.
Seine ist aber nicht meine Bank. Meine wirbt durch etwas absolut Einmaliges, wohinter sich jede PR jeder anderen Bank verstecken kann. Denn die Kleinheit meiner Bank (auf dem Lande) erlaubt eine Kommunikation mit dem Kunden, die dessen Lebensqualität bei jedem Besuch hochschnellen läßt. Denn betritt der Kunde die überschaubare lichte Schalterhalle, an der ca. drei Thresen darauf warten, daß man sich auf ihnen abstützt, dann erhebt sich gleich eine der drei oder vier Bankerinnen zwecks Aufnahme des Gesprächs und der Annahme von Wünschen. Von dieser Halle gehen noch weitere Arbeits-und Beratungsräume ab – mit immer offenen Türen.

So passiert es, daß der Kunde- z.B. – in die Bank eilt, weil es draußen regnet  und sich – z.B. – hörbar freut
 

über die gute Parksituation zwischen Bank Tischlerei und einem Supermarkt. Nun folgen sofort Kommentare zum Gesagten von sowohl der eigenen Beraterin als auch den anderen und sogar aus den hinteren Räumen wird sich eingeschaltet und über Parkraumbewirtschaftung gesprochen. Kurz: Lebhafte, interessierte, vitale Gruppenkommunikation setzt ein, für die man anderswo ganze Institutionen gründet.
Ich weiß sicher, wenn ich das erste Mal meine Bank mit einem Rollator anrollen werde – es werden anteilnehmende Kommentare von mehreren Seiten meiner Bankfrauen und – männer kommen. Wenn ich mal Urgroßvater werde – was wird das für ein Fest der gratulierenden Bankgesellschaft werden! Oder wenn unser Hund einmal stirbt – ich kann mit meiner Trauer in meine Bank gehen und sicher sein: Es gibt Anteilnahme ebenso pur wie reichlich. Aus der Schalterhalle, aus den benachbarten Räumen…
Ob die ein spezielles Kommunikationstraining hatten und haben? Weiß ich nicht, frage aber gerne nach. Dass neben meiner Bank eine rege Tischlerei fürs wohnliche Leben und in ihr eine Sargtischlerei fürs Sterben Sorge tragen, macht Lebensqualität nur noch bewußter. Viel bewußterals joggende einsame Schönheiten oder männliche Bankverkehrsvirtuosen, die man im TV nie im Gespräch sieht – so kurz vor acht. 




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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
13. Mai 2014