Erinnerungen an heute
Hans-Helmut Decker-Voigts Kolumne erscheint alle zwei Wochen in der Uelzer Allgemeinen Zeitung. Hier an dieser Stelle wird es ein- oder zweimal im Monat eine neue Veröffentlichung geben.
Die Erfinder der Adventskalender

Es gibt für Alles die Aufteilung in Gewöhnliches und Ungewöhnliches. Auch für Adventskalender. Gewöhnliche Adventskalender hängen an unseren Fenstern und die Bildchen zeigen sich, wenn sie - aufgemacht - von hinten Licht bekommen. Unnormale Adventskalender - wie Mara`s Adventskalender in Uelzen steht statt dass er hängt und seine Bilder in den Fenstern kriegen Licht von vorne, statt von hinten. Außerdem zeigen sich die Engelchen nicht erst in den Fensterbildern, sondern Engel sind schon als Enthüllungspersonal dabei.
Es gibt weitere ungewöhnliche Adventskalender. Nach Suhlendorf und - glaub ich - Wrestedt gibt es nun auch im Kirchspiel Hanstedt I einen "mobilen Adventskalender". Dort und in den Kirchspieldörfern Allenbostel, Bode, Brauel, Eitzen, Oechtringen, Teendorf, Velgenöffnen sich anstelle von Fensterchen die Haustüren etlicher Mitglieder der Kirchengemeinde. Seit dem 1. Dezember immer um 18 Uhr eine Haustür anstelle Fenstern. Mal in Hanstedt I mal in seinem Kirchspiel in Allenbostel, Bode, Brauel, Eitzen, Oechtringen, Teendorf und Velgen treffen sich Menschen, die 20 Minuten Advent feiern wollen. -Man bleibt draußen vor der adventsgeschmückten Tür stehen, kriegt vielleicht einen Keks auf die Faust und bekommt von denen, die hinter der Tür sonst wohnen, eine kleine Geschichte für Erwachsene vorgelesen. Und es wird gesungen. Adventliches natürlich und der Gastgeber hat hoffentlich Textsicherheit und ausreichend hohes Anstimmen geübt, um seine nicht vorhersehbare kleine Gästeschar draußen vor der Tür anspornen zu können.
Bevor nun diese weitere festliche Konkurrenz der Adventskalender die eigentliche Herkunft überlagert, schnell noch ein bisschen Geschichte vom Ur-Adventskalender:

1904 wurde der erste (gewöhnliche) Adventskalender in der Münchner Lithographischen Kunstanstalt gedruckt, Ideengeber war der Firmenchef, Gerhard Lang, nein, dessen Mutter. Denn als Gerhard klein war quengelte er seiner Mutter die Vorfreude aufs Christfest mit der Endlos-Frage weg, wann denn nun das Christkind komme, Derart endlos, dass sie es satt hatte und Klein-Gerhard den allerersten bekannten Adventskalender bastelte: In gesammelte Streichholzschachteln legte die Mutter Süßes, klebte die auf einen Karton, malte eine 1 bis 24 darauf und fertig war er, nein, sie. Die Mutter aller Adventskalender. Alles Gefäßähnliche, in das was, reinkommt, um rauszuwollen, stammt von Müttern.
Allerdings wurde Groß-Gehard dann Kaufmann und verkaufte einen anderen Adventskalender. Einen mit adventspädagogischem Hintergedanken. Dieser erste Kalender in Serie bestand aus zwei Kartons: Auf dem ersten waren auf die Felder mit 1 bis 24 erbauliche Sprüche und Strophen aus Bibel und Gesangbuch gedruckt. Der zweite war das Gegenteil: 24 Bilder, farbig, bunt. An jedem neuen Fenstertag lernte das Kind den Text auswendig - und wenn es den hersagen konnte - dann durfte es vom 2. Karton das zugehörige Bild ausschneiden und den frommen Text überkleben. Am 24. Dezember dann saßen alle Texte im Kopf. Der erste Adventskalender, der in Serie ging, war also ein Wettbewerb der "artigen Frömmigkeit".
Oh Mara`- Fans in Uelzen! Oh Pioniere der ersten mobilen Adventskalender: Was sind unsere ungewöhnlichen heutigen Adventskalender doch lustvoll freiheitlich auf das Christfest hinführend. Und keine religiöse Paukanstalt wie an ihrem Anfang.

(12. Dezember 2006)

Den Autor erreichen Sie unter: Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de