Seit der letzten Wahl weiß ich, wie auch bei uns Wahlbeeinflussung läuft. Nicht so auffällig dreist-dumm mit Hackern, die man wie Killer bestellen kann. Oder indem mir jemand nennenswertes Geld zusteckte, damit ich zu Kreuze krieche und an anderer Stelle, als ich eigentlich wollte, die zwei bestellten und bezahlten Kreuze setze. Nein, moderne Wahlmanipulation geht psychologisch raffiniert. Indirekt und unbewusst.
Ich weiß es von den vertrauten drei Wahlbeamten im vertrauten Wahlbüro im Feuerwehrhäuschen in Allenbostel. Neben den beeindruckenden Pokalreihen, begleitet vom gemütlich bollernden Holzfeuer im Kamin lagen sie: die Kugelschreiber. Sie waren den Wahlhelfern mit all den für die Bundestagswahl nötigen Utensilien ganz von oben geliefert worden. Schwarz, rot – nein, eben nicht gold, sondern gelb. Dann grün und blau…Oder lag zuerst der blaue vor dem schwarzen Kuli? Oder war es der grüne, der vor dem gelben lag?
Jedenfalls griff ich überhaupt nicht in die Reihe der Kugelschreiber, sondern zu meinem altmodischen Füller (grüne Tinte, aber immer schon, bevor die Grünen sich gründeten). Denn ich war gewarnt vom Studium der Wahrnehmungspsychologie, Spezialgebiet Farbpsychologie. Der Mensch greift unwillkürlich, also ohne den eigenen Willen oder zumindest mit eingeschränktem Willen nach der Farbe, die seine Farbe ist. Der Mensch kleidet sich mit seiner Lieblingsfarbe, |
|
er kauft Autos damit, er verliebt sich in einen anderen, der auch seine Lieblingsfarbe trägt.
Sowas müssen die da oben, die für dies Set von bunten Kugelschreibern zuständig sind, auch gewusst haben. Haben sie die Wahlhelfer angewiesen, die Farben in bestimmter Reihe auszulegen? Schwarz zuerst? Oder Rot? Das dunkle oder das hellere Rot? Oder blau an den Anfang.
Die Helfer, die mir bei meiner Wahl in Allenbostel halfen, halfen, indem sie eben nicht halfen und beeinflussen. Denn sie haben die Kuli-Farben bei jedem Wähler, der hinzutrat neu gemischt. So ähnlich wie bei Mikado. Bei uns im Dorf ging alles mit rechten Dingen zu. Nicht mit zu rechten Dingen.
Ausserdem lehrten mich meine Wahlhelfer: Auf dem Dorf ist manchmal bei radikalen Parteien bekannt, wer wie wählte. Z.B. gab es einige Dörfer weiter vor Jahren einmal 2 NPD-Wähler, ein Ehepaar. Seit das gestorben ist, gabs keine NPD – Kreuze mehr.
Ich wählte recht langweilig. Nicht, weil man nach meinem Tod dann wüsste, was ich wählte. Ich wählte durchaus mit Farbe, aber dennoch langweilig. Damit die neue Regierung eine möglichst lange Weile regieren kann. Wir wählen doch nicht blauäugig. |