Also mal ehrlich
" Solch Anfang besagt, dass
das vorher Gesagte nicht ehrlich war. Und ich gebe zu: Ich war
skeptisch, als jene winzige Gruppe jene riesige Bahnhofsidee
mit dem wunderbaren Farb-, Form- und Malergenie Hundertwasser
durch diese Zeitung das Licht der Öffentlichkeit erblicken
ließ. Doch es ging mir wie dem Journalisten Thilo Koch
mit dem Berliner Sechstagerennen. Der war auch skeptisch und
zwar gegenüber jeder Euphorie. Besonders der bei Massenveranstaltungen
wie Fußball und Wettrennen. Um darüber kritisch zu
schreiben, ging er zum Sechstagerennen und wachte in einer Unfallstation
wieder auf. Denn nach weniger als einer halben Stunde Präsenz
im begeistert tobenden Stadion stand Thilo Koch mitbrüllend,
mitschreiend, anfeuernd oben auf seinem Stuhl - so lange bis
sein Kreislauf und er selbst zusammensackten. Denn was hat der
Bahnhof nun mit dem Musical für eine Wirkung? Eine begeisternde!
Schon das Lesen der Zeitungen, auf meine Ferieninsel nachgeschickt,
steigerte mein Mitfiebern mit der Musical-Aufführung, was
sage ich, "Ur" sogar, nein "Welt-Ur" gar.
Das Lesen vom Lampenfieber der Darsteller steigerte erhöhte
mitfühlende Temperatur zum Mitfieber. Und jetzt die erlösenden
Berichte von der Aufführung. Der Erfolg des Hundertwasser-Lehmann-Wecker-Rettberg-Weber-Uelzener-Musicals
ist ein Folge-Erfolg der Bahnhofsideengeber und ich gratuliere
erleichtert dazu. Jene paar Blättchen (z.B. die aus Hamburg)
mit Kritikastermeinung schreiben vom Neid getrieben. Denn jetzt
sind wir oben. Die bisher dreifach garantierte Nennung von Celle
in der ganzen deutschen Welt (wenn jemand aus dem Kittchen dort
abhaut, wenn
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Hengstparade ist oder das OLG ein wichtiges Urteil fällt)
haben wir überholt. Jetzt müssen wir nicht mehr zurückgreifen
auf Herzog Ernsts Geburt bei seiner Durchfahrt durch Uelzen.
Müssen nicht mehr St. Marien's Kirchenschönheit anpreisen,
wo doch jedes Dorf seine Kirche hat. Müssen nicht mehr
erinnern, dass Hans Falladas Vater mal in Uelzen Praktikum machte
jetzt sind wir wirklich wer. Ich wünsche der 1. Musical-Spielzeit
Kinderschwemme, ich wünsche überall, dass Uelzen mit
Warteschlangen-Gerüchteküchen, mit inflationären
Schwarzmarktkaufpreisen für nie mehr mögliche Restkarten,
mit Sardinenbüchsen-Drängelei assoziiert wird. So
wie Bach Meer heißen sollte, sollten wir den bescheidenen
Hundertwasser Tausendwasser nennen und jene Gesangbuchstrophe
erlaubt blasphemisch umdichten: Tausend, tausend Mal sei Dir,
Hundertwasser Dank dafür! Doch jetzt wirkt eine winzige
neue Skepsis: Auf die Dauer wäre es tragisch, wenn sie
zugedeckelt würden von Hundertwasser: Die Stories von Herzog
Ernst's Geburt, von Falladas Papa in Uelzen, die Kirchenschönheit
St. Mariens und die bildende Eleganz Schloss Holdenstedts, die
Werke unserer heimischen Künstler aller Musen, unser Rüben-
und Kartoffelstolz, unsere Schnucken und Schafe und Honigsorten
und vor allem unser karger Ostheide-Charme sollten überleben
dürfen. Das ist alles Kernprofil. Hundertwasser Beitrag.
Doch ich baue auf jenen Nobelpreisträger, der die Synergie-Forschung
anleierte: Die Hundertwasser-Fans werden immer länger bleiben
als zum Bahnhofs-Sichten und Musical-Hören und uns kennen
und lieben lernen. Und wenn nicht, dann werden sie uns kennenlernen!
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