Schul-Stöhnen

     

Hinsichtlich der Berechenbarkeit ist das Amen in der Kirche, das immer ein Gebet beschließt, gleichzusetzen mit dem Stöhnen vor der Schule, das die zuende gehenden Sommerferien beschließt.

Das Stöhnen vor der Schule am Ende der Ferien schleicht sich in der letzten Ferienwoche ein in fast jede Ferienunterhaltung mit Schülern oder Lehrern. Das Stöhnen wabert herum wie ein Zigarettenrauch, der sich im Geruch so erstaunlich schnell auszubreiten vermag, auch wenn er gar nicht mehr sichtbar ist.

Für die Lehrer und Schulleiter und Landesschulbehörden von unseren Haupt-und Realschulen , die allesamt vor den Ferien nicht den kleinsten Blick in die unbekannte Zukunft ihrer neuen Oberschule aus Hannover erhielten, gibt es keinen Trost. Für Schüler von heute habe ich einen gefunden. Es ist das „Schülergelöbnis“ von 1888. Dessen Lektüre dürfte zeigen: Heutige Schule ist für Schüler so schlimm nicht, ja, ein freundlicher Ort. Natürlich nur im Vergleich eben zum Gelöbnis, das die Schüler damals einzeln und in Chören ablegen mußten.

„Ich gehöre zu den Kindern und Kinder wissen wenig. Darum müssen sie unterrichtet werden von Lehrern…Ich bin meinem Lehrer immer Dankbarkeit und Gehorsam schuldig. Ein guter Schüler ist aufmerksam;

 

er hört nur auf das, was der Lehrer sagt, und denkt nur an das, was er tun oder begreifen und behalten soll und muß.

Ein guter Schüler kommt gern in die Schule, ist fleißig, ordentlich , reinlich, sittsam und friedfertig. Er kommt nie zu spät in die Schule, ist nicht wild beim Herausgehen aus der Schule und treibt sich nicht auf der Straße herum, sondern geht auf dem geraden Weg nachhause.

Ich will ein guter Schüler sein.“

Seien Schüler also (heil)froh, wie anders es ihnen heute geht und sie nächste Woche nicht in diese schlimmste Form deutscher Schule müssen, so dringend reformbedürftig diese immerzu ist. Und seien unsere Lehrer froh, daß sie nicht mehr (sog.“schwarze“) Pädagogen sein müssen, die die Schüler nach dem Vorbild militärischer Erziehung erst „schinden“ sollten, bevor die Schüler so funktionierten, wie es das Gelöbnis forderte. Was nie ganz klappte.

Was damals wie heute ähnlich scheint: Die Obrigkeit (in Hannover) läßt Lehrer wie Schüler im undurchsichtigen Nebel der Zukunft der neuen „Oberschule“ herumtappen - als wenn der Kaiser noch regiert und das Schüler-Gelöbnis gelten würde. Manche wünschen sich eben bis heute jenen Gehorsam in der Schule, der „blind“ genannt wurde.




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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
09. August 2011