Struck statt Adler

     

Jenem tosenden Sturmwind sei Dank, daß er den Adler vom Kriegerdenkmal auf dem Herzogenplatz vor dem Rathaus zwang, das Gegenteil von dem zu tun, was solch Vieh wie ein Adler symbolisiert. Normalerweise fliegt dieser Riesen-Piepmatz in stolzen Höhen Gott entgegen, weswegen er als gottnah auch den Weg in unzählige und manchmal unsägliche Wappen und Waffenembleme fand. Der Sturm vor Ostern zwang ihn zur Gegenrichtung und schickte ihn zum Teufel, auf das Pflaster nämlich (die AZ berichtete).

Welch kreative Idee, jetzt statt des kriegsbegeisternden Symbols auf der Säule des Denkmals die Büste von Peter Struck zu platzieren! Was sage ich, das ist nicht nur eine kreative Idee (die Büste schuf Georg Münchbach offenbar in Schnellarbeit), sondern dahinter steckt tiefe Philosophie, eine neue Symbolik. Denn so wie Struck in seiner Person persönlichen und parteipolitischen Pazifismus mit der Rolle des Bundesverteidigungsministers seinerzeit überzeugend vereinte, so wird das Kriegerdenkmal (welch Wort!) mit Strucks roter Büste oben statt des Adlers dieselbe Vereinigung symbolisieren: Statt Krieg Frieden, statt Kriegerdenkmal Friedensmahnung. Nur über die Farbe des markanten Schnauzbartschädels Strucks sollte diskutiert werden.

Und noch etwas werfe ich in die Diskussion des Stadtrats: Im Zuge der Innenstadtbelebung und auf der Suche nach Alleinstellungsmerkmalen Uelzens im Kreise vergleichbarer Kleinstädte mit Hang zu Höherem sollte – da unser Peter Struck noch lebt und dies hoffentlich noch lange und gut – überlegt werden, ob nicht Uelzen mehrere Denkmäler für lebende Personen, die nachweislich Persönlichkeiten wurden, stiftet.
 

Oder – dagegen wird der flexible und inmitten der Sozialdemokratie philosophisch liberal denkende Peter Struck nichts haben – das Denkmal vor dem Uelzener Rathaus wird mit wechselnden Büsten unserer Persönlichkeiten gekrönt. Etwa 11 Monate Struck, dann 11 Monate eine politische Frau, Frau Schmäschke z.B., dann wieder ein Mann, diesmal der Kultur, z.B. Reinhard Schamuhn, dann wieder eine Frau, auch aus der Kultur (etwa die Damen Barbara Kaiser oder Lange-Brachmann) usw.usf. Ich komme auf 11 Monate, weil jeweils im Dezember ein Riesenchristkind in wetterfestem Weißgold auf seine Geburt hinweisen könnte (nicht Münchbach, sondern echtes Barockimitat). Das ergibt für Uelzen dieses bayerisch-österreichisch-italienisch religiöse Moment, mit dem wir Barockstadt der Heide werden könnten.

Die Köpfe sollten ähnlich gewählt werden (erwählt müssen sie in einer Basisdemokratie nicht sein, um elf Monate des Jahres aufs Denkmal zu kommen, aber anständig gewählt) wie etwa jährlich die Sportler des Jahres oder die „Menschen des Jahres“. Bank-Sponsoren werden nicht benötigt (außer der AZ und Radio Zusa, die berichtende Medien wären), weil sich bestimmt in Windeseile ein spendenfreudiger Förderkreis bilden wird, dessen Vorstand ja auch hoffen darf, da mal hochzukommen.

Außerdem: Georg Münchbach wäre auf Dauer überfordert. So daß ein wechselnder Kopf in der Adlernachfolge auf dem Denkmal auch einen sofort boomenden Arbeitsmarkt für den Bund Bildender Künstler (BBK) darstellt. Also – selbst wenn es ein Aprilscherz am 1.4. gewesen ist – ich bin für die Wandlung des Scherzes in kreative Realität zur Rettung Uelzens.




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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
06. April 2010