Von Gebrauch und Mißbrauch…

     

…der Sprache handelte die letzte Kolumne 2014, die erste 2015 auch. Und davon, wie wir durch Sprache etliche Katastrophen vermeiden: Wenn wir heute, 6. Januar 2015, in Russland wären, würden wir Weihnachten feiern. Und auch dortwäre das mit Feiertagskatastrophen verbunden, Katastrophen in Familien, in der Welt. Die meine ich aber nicht, so entsetzlich und schlimm in Familien verprügelte, in Flugzeugen abstürzende, auf Schiffen verbrennende, in Kriegen getötete Menschen sind. Ich meine Katastrophen, die keine sind: „Eine Katastrophe“ sagte z.B. der Trainer der deutschen Mannschaft für das Vier-Schanzen-Springen in Oberstdorf vor einer Woche, als keiner von unseren deutschen Superspringern auch nur in der Nähe der Siegertreppchen stand. „Das ist kata-stro-phal!“ sagte auch meine Cousine Ulrike, als ihr Sohn jetzt ankündigte, dass er im nächsten Zeugnis leider keine einzigen Einser mehr haben würde. Höchstens Zweien. Jetzt hat er statt Einser (Mathe, Physik) eine Freundin und ist glücklicher als mit den Einsen. Katastrophe?

 

Wir gehen mit unserer Sprache auch anderswo katastrophal um.

„Das ist Rufmord“ warfen kürzlich Kommunalpolitiker im Bodenteicher Parlament  anderen Politikern dort vor, als man die Schuldigen für den Schimmelpilzbefall des Schützenhauses ausgemacht zu haben glaubte.
„Lass die Kirche im Dorf“, sagte Tante Voss vor 65 Jahren, wenn ich maßlos übertrieb. Katastrophen sind Katastrophen und Rufmord ist der Versuch, die Existenzgrundlage eines Menschen, einer Gruppe, eines Volkes zu vernichten durch – eben Rufmord (ich verstehe was davon). Wer nicht mehr weiß, was Wörter bedeuten, sie aber nutzt, spricht wie Leo, 3 Jahre alt, wenn er auf ein Geschenk zum Geburtstag tippt und ernsthaft sagt: „Ganz ausgezeichnete Ware!“ (sein Vater handelt nämlich mit solcher). Solch Mensch plappert Wörter, die er noch oder nicht mehr füllen kann.
Auf viele Katastrophen und (Ruf-) Morde habe ich im gerade frisch geborenen Jahr keinen Einfluß. Auf die meisten jedoch schon, wenn ich darauf achte, wie ich spreche.




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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
06. Januar 2015