Die wichtigsten Folgen eines Kongresses ergeben sich meist
während der Pausen auf Toiletten.
Ich war auf dem Weg zu meinem Konferenzraum und eilig, weil
verspätet. Eben weil mich jemand Wichtiges auf der Toilette
etwas Wichtiges gefragt hatte. Trotzdem stoppte ich, als ich
an der großen, breiten Fensterfront eines anderen Konferenzraumes
vorüberwollte. Denn da sprach einer vorne am Pult - und
die ca. 200 Zuhörer vor ihm standen aufrecht.Wie zu einem
Gebet. Oder zu einem Schwur. Oder zu standing ovations. Aber
zu all dem braucht man die Hände. Zum Beten, zum Schwören
wie zum Klatschen. Die da hinter dem Fensterglas hörten
entweder nur zu. Oder sie schrieben auf ihren Notizblöcken
etwas mit, was der Referent (rote Haare hatte er, eher rot als
henna) sagte. Sie schrieben im Stehen mit
Ich stürmte weiter, hielt mein Referat, hörte zwei
andere und ging in die Pause. Auf der Toilette stand er, der
rothaarige Kollege und ich fragte ihn nach dem rätselhaften
Stehen seiner Zuhörer. Nein, er war kein Geistlicher, der
im Rahmenprogramm Gebete oder ein Animateur, der isometrische
Übungen für verspannte Tagungsteilnehmer anbot. Was
das Stehen erklärt hätte. Er war Arzt und Forscher
und Leiter einer skandinavischen Weiterbildung für Betriebsärzte.
Und hatte in seinen Forschungen zusammen mit Physiologen und
Ergonomen und vielen anderen -logen und -nomen herausgefunden,
wie viel wacher zuhörende Menschen in einem Vortrag sind,
wenn sie alle 10
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Minuten aufstehen, um 3 Minuten zu stehen! Mein Toilettennachbar
nannte kurz Daten, wie viel schneller die Hirnelektrizität
fließt (= Konzentration), wie viel langsamer und geringer
Muskelverspannungen einsetzten - wenn zuhörende Menschen
beim Vortrag Sitzen und Stehen abwechseln. Kaum habe er seine
Forschungen veröffentlicht - da begann IKEA seine Mitarbeiterkonferenzen
im Wechsel von Sitzen und Stehen abzuhalten. Voller Erfolg!
Zuletzt seien zwei Ministerien komplett dazugekommen, die auf
allen Ebenen ihre Beprechungen ebenso handhaben: 10 Minuten
Sitzen und nach einem Gongschlag (vom PC) 3 Minuten Stehen!
Die vielen weiteren medizinischen Vorteile dieser seit Jahren
praktizierten Arbeitsweise hätten natürlich zu mehr
Vitalität in der Besprechungs-und Konferenz-und meeting-Kultur
geführt. Und - aber ja! - zu einem verringerten Krankenstand.
15 % davon sind auf Folgen zu langen Sitzens rückführbar.
Stehen also steigert den Umsatz.
Natürlicherweise fehlen noch die Organisationen, in denen
am meisten gesessen wird: Schulwesen und Kirchen. Aber die seien
immer schon die schwerfälligsten. Mit Ausnahme der in Skandinavien
wenigen Katholiken. Deren Gottesdienste sind ohnehin gesünder
als die evangelischen mit dem häufigeren Wechsel von Sitz
und Stand und sogar Hinknieen.
Was für ein Jammer, dass sich Ulla Schmidt und Angela Merkel
nicht auf solchen Kongreß wie mit dem rothaarigen Kollegen
begeben. Und selbst wenn - sie würden den Rothaarigen nie
auf der Toilette treffen.
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