Ärzte-Dealer ohne Glashaus

     
Wie geht es ihnen nur? Diesen Uelzener Ärzten, die jetzt vor Gericht standen oder noch vor Gericht stehen werden? Wie geht es so einem? Der eine schon verurteilt, der andere demnächst? Uelzener Ärzte, deren Namen ich in den Zeitungen hier und woanders nur noch lese in Verbindung mit Betrug, mit Drogenhandel.
Wie geht es ihm nur? Dem einen Arzt., der mich vor langen Jahren lange Jahre behandelte, dem ich vertraute. Und der mir vertraute. Sonst hätte er mir nicht seinen Sohn anvertraut. Den, den ich als Früherziehungsschüler zur Musik hin begleitete und dessen große fragende Augen im kleinen Gesicht ich jetzt erinnere, wie er damals - 1971 - das "Frage-Lied" mitsang: "Was ist das?" Und dabei zeigte jedes Kind auf etwas, auf seine Nase, sein Haar, seinen Fuß. Und die Gruppe antwortete singend jeweils: Deine Nase! Dein Haar! Dein Fuß! Reihum. Später sangen wir es englisch: "What`s that?"
Da weiteten sie sich dann, die großen Augen im kleinen Gesicht, wenn ein Wort neu und noch nicht besetzt war: "Whats that?" Ich kenne nur das Kind. Und jetzt die Schlagzeilen.
"Whats that? Was ist das?" wird ein Gefühl sein, das diese Uelzener Ärzte irgendwo in einer Ecke ihres inneren Haushalts durchleben. Jetzt, wo sie sich mit ihrer Entgleisung konfrontiert sehen, für das Agieren krimineller Energie bestraft bzw. angeklagt sind. Sie werden das noch Unbefangensein ihrer Kindheit vergleichen mit
  dem Gefangensein in der Selbstzerstörung der Gegenwart und nächsten Zukunft.
Wie geht es mir, den anderen, die diese Uelzener Ärzte kannten, gut kannten, ihnen vertrauten? Ich meine nicht ihre Familien, die ganz sicher mehr als nur einen Hauch von "Sippenhaft" erlitten und erleiden. Ich meine Leute wie mich, wie andere, die sie gut kannten, gerne kannten?
Ich fühle mich ebenfalls so: "Whats that?" Und es gibt keine erlösende Antwort
wie "Unschuldig", "Alles Irrtum!", "Du hast geträumt". Oder so. Es ist, als wenn ein Teil von mir angeklagt sei.
"Projektive Identifizierung" heißt so etwas psychologisch und dahinter steht immer dies: Das Meiste, was wir an anderen besonders wahrnehmen - steckt auch in uns. Wie meinte Goethe (sinngemäß): "Die Summe krimineller Energie in mir ist dieselbe wie bei den Verbrechern, die wir hängen." Die einen begehen Straftaten äußerlich, die anderen nur innerlich. Bessere Moral? Strengeres Über-Ich? Das Einfachste ist: Abwenden. Das Häufigste: Mit dem Finger darauf zeigen. Eben diese Fingerzeig-Haltung stellt die direkte Beziehung zwischen dem Bösen dort und in mir dar. Der Unterschied zwischen dem erwachsen gewordenen Kind von damals und mir ist die Glaswand des Glashauses. Ich sitze drin, der andere draußen. Whats that? Thats it.



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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
03. Juli 2007