Erinnerungen an heute
Hans-Helmut Decker-Voigts Kolumne erscheint alle zwei Wochen in der Uelzer Allgemeinen Zeitung. Hier an dieser Stelle wird es ein- oder zweimal im Monat eine neue Veröffentlichung geben.
"Liebe ist…"

…steht drüber und dann kommen diese kleinen Comics mit sich herzenden Pärchen. Oder die kleinen Büchlein mit Geschichten zur Rührung…
Wenn mir gar nichts Eigenes einfiel, habe ich so was früher auch verschenkt. An meine Cousinen und Vettern, wenn die heirateten. Oder mich ohne Heirat zumindest an einer neuen Lebensabschnittpartnerschaft teilhaben ließen. Liebe ist…heute eben "serielle Monogamie". O-Laut von Friederike aus dem Göttinger Studentenjargon.
Liebe ist für mich auch - die Liebe zu uns, uns Deutschen. Die Liebe, die wir an unserem im Kleinstkindalter befindlichen Nationalfeiertag morgen feiern könnten, wenn wir nur könnten…und wollten.
Hoffentlich geht's und morgen wird aus dem Kleinstkind ein Kleinkind, das sich stabiler Gesundheit erfreut. Oder gib es sie irgendwo schon wieder? Die Berechnungen, wieviel kostengünstiger unserem staatlichen Pleitegeier die Streichung des 3. Oktober käme? Oder seine Behandlung wie die des Buß-und Bettags? Als normaler Arbeitstag?. Und wer will darf eine Stunde in die Kirche. (Für den 3. Oktober müssten wir uns noch was überlegen. Eine Stunde Bewußtseinstraining gegenüber Fragen wie: Was sind wir Deutschen - was haben wir?).
Vielleicht aber reicht der Rest unseres Mutes, den wir als WM-Gastgeber zeigten, indem wir uns nicht mehr so verschämt, sondern im guten Sinne un-verschämt mit unserer Identität zeigten: Die der Deutschen. Vielleicht wehen morgen dank unseres Restmutes restliche Deutschland-Fähnchen an Autos oder vor Gebäuden.




Ich liebe unser Land, seine schwierige Geschichte, seine schwierigen Menschen, also uns. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts gab es tausend Jahre lang keinen Krieg, der von uns außerhalb der Grenzen des Hl. Römischen Reiches deutscher Nation getragen wurde. Wir haben uns bis dahin immer nur untereinander bekriegt. Allerdings haben wir diese Rücksicht auf andere Nationen im 19. und vor allem 20. Jahrhundert mehr als nur ausgeglichen. Durch andere 1000 jährige Reiche. Leider. Zum Leiden anderer. Und zu unserem eigenen.
Wir sollten am 3. Oktober nicht feiern, dass wir wieder wer sind. Wir sollten feiern, dass wir so sind: Überwiegend offen für Neues, sogar Globales.
"Aber vergessen Sie in Deutschland vor lauter Globalem nicht Ihre wunderschöne Sprache, ermahnte mich jetzt in Estland Frau Kylliki Alekand. Sie und ihre Schwester und viele Altersgenossen studierten Germanistik und zwar Anfang der 80er Jahre. "Weil Estlands Zukunft da trostlos war und die letzten Schulunterrichtsstunden in deutscher Sprache gestrichen werden sollten. Nur noch Russisch! Da haben wir nach dem Abitur `still`gestreikt und haben Germanistik studiert. Ganze Geschwistergruppen aus Familien, die mit Deutsch jedenfalls die innere Freiheit pflegen wollten."
Deutsch, die innere Freiheit…Wir haben auch eine äußere und sollten beide feiern wollen. Zusammen mit denen, die wie unser Nationalfeiertag am 3. Oktober geboren sind und von denen ich eine liebe. Ähnlich "über alles" liebe, wie es das Deutschlandlied eigentlich meint: Innerlich nämlich.





(02. Oktober 2006)

Den Autor erreichen Sie unter: Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de