Lob der Klein-Stadt

     

Schreiber heutzutage, also Journalisten, Schriftsteller, Blogger, haben Kommunalregierungen kritisch zu begleiten. Grundsätzlich. Prinzipiell. Vierte Gewalt kontrolliert die ersten. Hier einmal das zur Kritik zugehörige Gegenteil: Ein Lob.
Ich forschte jetzt kurz in einer Großstadt, indem ich Zeitung las. Eine, die auf dem Boden lag, über den ich zu einem ansonsten propperen Hauseingang strebte. Drumherum lagen verwesende Werbe-Prospekte und am Straßenrand standen frisch geleerte Abfalleimer. Es roch. Müllabfuhrtag. Titel auf der Zeitungsseite unter meinem Schuh: „Sauberes K…“, gemeint war die Stadt. (Nein, keine Namen, auch in Großstädten gibt es sensible Obrigkeiten).
Noch nie dankte ich Uelzener und Kreisuelzener Müllmännern, aber da, in K…!
Oder: Besuch einer Kirche mit dem seltenen Namen St. …(nein, keine Namen)  und einer unglaublich schönen Architektur des Schiffs und Chorraums. Leider wurde vor dem Schiff gewarnt durch ein Schild: „Achtung: Alarmanlage“  und vor dem Chorraum ein zweites Schild mit denselben Worten, aber mit einem Ausrufezeichen dahinter. „Alarmanlage!“ Gemeint war nicht der Aufruf zu christlicher Einkehr, die dann Buße zeitigen soll, sondern die Warnung, keinen Schritt näher zu kommen dorthin, wo es wirklich wertvoll war, historisch wie christlich wie touristisch.

 

Deshalb stand vor dem Adrenalin disponierenden Wort „Alarmanlage“ sicherheitshalber noch „Nicht näherkommen!“

Ob in St. Marien Uelzen oder St. Georg in Hanstedt – in die oft nicht weniger wertvollen Kirchen unserer Provinz wird anders als mit Alarmanlagen eingeladen. Dafür allerdings gab es in K…(keine Namen!) an einer Kirche die Einladung, wozu man hierzulande (noch) nicht eingeladen wurde. Zu einer Fußballwallfahrt…
Oder: Wir haben in Uelzen und seinen umliegenden Orten nicht überall behindertengerechte Treppen und Auffahrten  aber dafür sehr viel schneller hinzueilende hilfsbereite Menschen,weil wir weniger Menschen sind, also uns mehr sehen können.Oder: Wir haben in unseren Kreisen kaum Klimaanlagen gegen überheiße Tage, dafür aber meist frischen Wind der Ebene, der durch keine Betonwüsten geblockt wird. Die Stadt Uelzen bremst nur ein bißchen.
Wir haben hierzulande Menschen, die wesentlich weniger Worte pro Minute produzieren als in K…(keine Namen!), wo ebenso schnell wie viel geredet wird. Dafür weiß ich hier schneller, woran ich bin.
Doch, doch – die Gegend hat hier nicht nur Probleme mit Einkaufszentren, sondern durchaus jenen herben Charme, den Supermärkte selten ausstrahlen.




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Prof.Dr.Decker-Voigt@t-online.de

 
02. September 2014