...im Namen der Eltern

Sonntag war ich zu Sinas Konfirmationsfeier geladen - und sie war schön. Ich meine sowohl Sina in ihren feierlichen Edel-Bermudas als auch die Feier selbst. Solche Konfirmationsfeiern heißen heutzutage - wurde ich belehrt „Religionsfete" oder „Jesus-Abschlussparty". Sinas und alle anderen Konfirmationen in den Gemeinden von Stadt und Kreis(en) enden meist mit kolumnenlangen Danksagungen in der Zeitung. Standard-Schlussformel: Auch im Namen unserer Eltern". Was wenige Jährchen später so himmelhochjauchzend schön ist, die Vereinzelung als Pärchen (,,zeigen hiermit ihre Verlobung an...") ist bei der Konfirmation noch die Gruppe der Gleichaltrigen. Das ist das Einsichtige an dieser Art Sammelanzeige - sozusagen dem gedruckten Zapfenstreich der riesengroßen Reli-Jause. Was ich empörend finde ist die Tatsache, daß die Eltern der Konfirmanden, dadurch so anonym, so nebensächlich wirken. Dabei gebührt den meisten Vätern und Müttern unserer Konfirmanden ein Platz direkt an der Sonne. Haben unsere Konfirmanden-Eltern nicht die schwere und in wirklich aufgeklärten Kreisen unpopuläre Entscheidung mitgetragen, diese mühsamen zwei Jahre wöchentlichen „Konfers" durchzuhalten? Na eben! Wie viele Male haben nicht Väter und Mütter neben den Pastorinnen die zusammenbrechende Motivation zum Christsein ihrer pubertierenden Konfis in letzter Sekunde gerettet? Indem sie liebevoll und geduldig, humorvoll und liberal mit den Kindern die anstehenden Themen über Christsein und Nichtsein diskutierten? Na eben! Wie viele Male haben Väter und Mütter nicht ihre widerstrebenden Konfi-Gören Sonntagmorgen mit Geduld und Spucke und Überzeugungskraft auf den Kirchgang gebracht - obwohl sie viel lieber weiter gepooft hätten (die Konfis, nicht die Eltern).Daß die Eltern selbst dann meist im Gottesdienst unsichtbar sind - zwei Jahre lang - und ihren Spross allein gottesdienen ließen - das ist ebenfalls zu würdigen als moderne religiöse Erziehung. Denn das aktive Begleiten der Kinder in den Pflichtgottesdienst, weil sie sonst nicht konfirmiert werden das würde die Kinder in ihrer eigenständigen, mündigen Entscheidung zu Gott ja beeinflussen können, sie geradezu manipulieren! Na eben zwei Jahre lang müssen die Eltern von Konfirmanden auf den eigenen Kirchgang verzichten. Das muss doch mit einer besonderen Würdigung am Tag der Konfirmation des Kindes bedacht werden. Es soll Uneinsichtige geben, die die Eltern kritisieren. Daß diese zu wenig bzw. gar nicht, weil sie ohnehin nicht und so- wieso nie und selbst schon halb ausgetreten, nur dulden würden usw. und den lieben Gott einen netten alten Mann sein lassen und den Pastor einen mit A 14 übersoldeten usf. - aber diese Uneinsichtigen gibt's selten. Diese unglückliche junge Frau Pastorin gehört dazu, deren Unglück darin besteht, daß sie nur mit Überwindung nach dem konfirmierenden Festgottesdienst auf Konfirmandeneltern zugeht, um diesen auch „gratulierenen zu müssen" - wie sie sagt. Obwohl die ihre Kinder zwei Jahre in Sachen Kirche allein ließen und nicht nur die zwei Jahre lang... Vergessen wir sie, diese betriebsblinde, graue, arme Kirchenmaus. Loben wir uns mündige, entscheidungsgereifte Konfirmandinnen, die nur deshalb gereifte Glieder der christlichen Kirche werden konnten, weil ihre Eltern die pädagogische Konsequenz aufbrachten, sie nicht zu beeinflussen. Für dieses durchdachte Beitragen und Mittragen sollten unsere Konfirmanden-Eltern schon mehr in den Danksagungen gewürdigt werden.

26. Mai 1992