Katzenjammer

In der Schweiz war das Seminar in einem Seminarhaus, in dem eine Katze gerade geworfen hatte: Vier Stück. Und der Tochter des Hauses wurde bedeutet, daß sie - bitte schön - alle vier Katzenbabys irgendwo unterbringen müsse. Sonst... Die Tochter war neun Jahre alt und liebte ihre Katzenbabys und eigentlich liebten die Eltern auch ihre Tochter. Aber es gab nun schon mal 13 (i. W. dreizehn) Katzen im Seminarhaus und deshalb die jetzige Begrenzung. Die Tochter bettelte uns damals einzeln an: Ob wir nicht eine kleine Katze mitnehmen wollen... Sonst...Es war schlicht nicht auszuhalten, mit welchem Flehen im Blick diese kleine Schweizerin und ihre frischaugigen Katzenbabys einen ansahen. Also kehrte auch ich mit einer hinreißend kleinen Schwarzen mit weißem Brustlatz nachts heimlich über die Schweizer Grenze zurück in die Lüneburger Heide. Wir tauften sie Lützli, weil sie aus dem Tal von Klein-Lützel hinter Basel stammt. Das alles war vor vier Jahren und die AZ berichtete sogar. Inzwischen fließt in den Adern der Katzenpopulation in Allenbostel geschätzt mindestens 30 Prozent schweizerisches Blut, denn Lützli hatte inzwischen ihrerseits im zweiten Lebensjahr vier Junge. Zwei behielten wir davon in Allenbostel. Die dritte nahmen Pommeriens in Wittenwater, weil es bei denen nicht darauf ankam. Sie leiten dort ein wachsendes Katzeninternat. Die vierte brachte Christine bei einer Schülerin in der Schule unter (Beamtenbestechung, allerdings andersrum). Im Frühjahr hatten wir nun die ganz große Geburtenwelle: Unsere beiden Jungen (die Katzen) und deren Alte warfen gleich parallel und zwar insgesamt alle neune. Das Problem begann und konnte nur mit Mühe bewältigt werden - indem ich und alle unsere Familienangehörigen ihre Beliebtheit aufs Spiel setzten. Die ersten Freunde mieden mich bereits nach einer Woche schon, in der ich sie der Reihe nach anrief, sie anbettelte, sie anflehte, ob sie nicht eine süße kleine... Eine mir sehr liebe Kollegin schrieb mir damals einen offenen Brief: Sie sähe ihre stabile Beziehung zu mir als gefährdet an: Sie träume inzwischen von mir, wie ich hinter ihr her liefe... mit einem großen Sack voller kleiner Katzen darin auf meinen beladenen Schultern. Christine winkte ab. Sie würde bei ihren Schülern in lebenslange Abhängigkeit und Dankpflicht abstürzen und das unbewusst in die Zensierung einfließen lassen. Mein Bremer Verleger erfüllte mir eine für ihn teure Sonderbitte - nur unter der Bedingung, daß ich ihn nie mehr fragen würde, ob er vielleicht eine süße, kleine ...Dies Frühjahr war letztes Jahr. Und weswegen ich diese Kolumne schreibe, hängt mit den aktuellsten zahlreichen Niederkünften in meiner Familie zusammen. Nun darf ich meine Rolle nicht missbrauchen, um öffentlich an Interessenten für meinen Nachwuchs zu gelangen. Nein, das darf und tu ich auch nicht. Aber wie wärs mit einer Bürgerinitiative von menschlichen Frauen und Männern zugunsten der Früchte von Katzenfrauen und- männern. Eine Art Katzen-Börse. Um den Katzenjammer zu vermeiden, zumindest zu mindern. Also wer möchte bitte eine ... ich meine: Börse mitgründen.

19. Mai 1998