Zauberin Maja
Unsere zauberhafte Heide wirkt - ich bin sicher - immer noch durch die Zauberei jener Hexen und Zauberinnen, die auf dem Buchdeckel eines meiner ersten Märchenbücher lockten, betörten und verführten - in eine Welt der lustvollen Ängste vor den Zauberdingen dieser Welt. Die Hexe auf dem Deckel meines Märchenbuchs war schmuddelig, zottelig und hatte den Besen zwischen ihre Beine so geklemmt, dass die vielen Röcke sich hochschoben und Beine voller Haare und Warzen zeigten. Zum Träumen, dies Weib, zum Alpträumen. Die Zauberin hingegen liebte ich: Ein geheimnisvolles Gesicht unter schwarzem Spitzhut, lange, manikürte Hände um die Kristallkugel. Die Heide heute hat auch Zauberer und Zauberinnen. Meine Nachbarin Maja z. B. Maja Hasenbeck-Bücken, Richtig als Beruf: Zauberin. Sie ist mir die liebste Zauberin, weil menschlichste. Außerdem die einzige Zauberin, die ich persönlich kenne. Maja feierte jetzt ihren 50. Geburtstag. (Auch Zauberinnen haben bürgerliche Sehnsüchte nach Geburtstagsfeiern). Maja zaubert für und um die Personen herum, die sie engagieren. Die sie aber mögen muss. Sonst zaubert Maja nicht. Z. B. auf der MS EUROPA zauberte sie nur so lange für die begeisterten Passagiere, wie ihr die Managerin nicht reinredete. Maja nähert sich von außen an eine Person, studiert sie genauer, dann erst bezieht sie ihre Kunst auf das Wesen der Person, deren Charakter. Macht etwas Nachdenkenswertes deutlich, karikiert sie liebevoll, macht ein Ritual aus und mit ihren Auftraggebern. Das macht sie mit Heimkindern und Sonderschülern, mit Managern, Chefärzten und Professoren, das macht sie mit den Themen von Tagungen und internationalen Kongressen und sie macht es auf Kindergeburtstagen in der Nachbarschaft. Maja lebte und arbeitete acht Jahre lang mit dem damaligen offiziellen deutschen Meister im Zaubern in USA. Danach zauberte sie ihre eigene Firma für Zauberei und danach zauberte sie sich ihren heutigen Mann. Der zaubert auch, wenn auch ganz anders: Als Diakon unserer Landeskirche predigt er nicht nur, sondern singt seine eigenen Lieder (s. EKG 228, 432, 598, 613). Mit ihrem Prediger und himmelsorientierten Liedkünstler zauberte sie zwei Töchter. Selbstredend auch wieder zauberhafte Wesen. Echte Engel. Kein Witz: Majas Töchter Jenny und Esther besserten jahrelang ihr Taschengeld als Engel auf der Leiter am Uelzener MARA!-Rathauskalender während der Adventszeit auf. Zauberer sind laut meinem Zauberbuch der Kindheit Menschen, die im Märchen Zauberdinge erhalten: Geweihte Schwerter, heilende Kräuter, Tarnkappen und Besen zum Fliegen. Solche Menschen sind das Sinnbild für den Menschen, der die Kraft hat, Menschen ganz verschiedener Lebenskreise zu verstehen und davon zu überzeugen, dass ein Leben viel leichter zu leben ist - mit zauberhafter Kunst. Und so Leben als Kunst zu verstehen. Gratulieren wir uns zur Zauberin Maja in der Ostheide.
14. Juni 2005